einer der vornehmsten graphischen Künste, des Holzschnittes, sondern vor allem die künstlerische Ausbildung der Lithographie zu danken.
Wenn wir die ganze künstlerische Größe jener Zeit ermessen wollen, wenn wir die Absichten und Ziele ihrer Kunst ganz klar erkennen wollen, dann müssen wir uns immer an die Zeichnungen wenden, die sie uns in unübersehbarer Fülle hinterlassen hat, und in denen sie das Innerste ihrer Gedanken auf die beste künstlerische Weise offenbart hat.
Aus diesen zwei Momenten, aus der Freude an der Karikatur und an der Zeichnung, ist die Entstehung der „Fliegenden Blätter“ zu erklären. Aber das erste Moment ist insofern verkürzt worden, als sie sich bald von der politischen Satire abwandten und den reinen Humor in ganz neutraler Weise zu pflegen begannen. Immer mehr zogen sie sich auf das Gebiet der humoristischen Schilderung des gesellschaftlichen Lebens zurück. Ihre Herausgeber folgten in diesem Entschluß, wahrscheinlich unbewußt, dem Entwickelungsgang der politischen Karikatur, die damals schon am Ende ihrer Blütezeit stand, und sie folgten zugleich den Tendenzen der allgemeinen Kunstlage, die immer mehr nach Blättern verlangte, die ausschließlich von Künstlern geleitet wurden. Mit dieser Entfernung vom politischen Leben verloren die „Fliegenden Blätter“ allerdings etwas von jener pikanten Schärfe, die sie in den ersten Jahrgängen besessen hatten, sie wurden harmloser, aber gerade dadurch gelang es ihnen, in jedem Sinne des Wortes ihr Gebiet und ihren Wirkungskreis zu erweitern. Auf die Männer der ersten Zeit folgte eine andere Generation von Zeichnern und Malern, die hauptsächlich von dem Standpunkt des Künstlers aus das Leben betrachteten und glossierten. Dadurch erhielt das Blatt eine poetische Nuance, die für lange Zeit ihr bestes Erbteil war. Bis vor wenigen Jahren sind denn auch die „Fliegenden Blätter“ fast ausschließlich das Organ der deutschen und vor allem der Münchener Künstler gewesen. Erst vor kurzem wurden sie durch die „Jugend“ und den „Simplizissimus“ aus dieser beherrschenden Stellung verdrängt.
Adolf Oberländer ist nun unter den Mitarbeitern der zweiten Generation der selbständigste, freieste und weitaus bedeutendste. 1845 (1. Oktober) in Regensburg geboren, kam er schon in so jungen Jahren nach München, daß er mit dessen Kultur durchaus verwachsen ist und den Typus des guten Münchener Künstlers aus der Zeit des großen Krieges darstellt; in diesem Satz ist wirklich nötig, das Wörtchen „gut“ besonders hervorzuheben, weil gerade damals
Karl Voll: Adolf Oberländer. Westermann, Braunschweig 1905, Seite 808. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Voll_Adolf_Oberl%C3%A4nder.djvu/3&oldid=- (Version vom 1.8.2018)