mitzutheilen, etwas, wovon aller Werth und alle Lieblichkeit seines künftigen Lebens abhänge, und doch konnte er sich des erlösenden Wortes nicht bewußt werden. Das ängstigte ihn; er ging immer langsamer.
Du kommst zu spät; sagte sie, es hat schon zehn geschlagen auf St. Marien.
Er ging aber darum nicht schneller. Endlich sagte er stammelnd: Elisabeth, du wirst mich nun in zwei Jahren gar nicht sehen — — wirst du mich wohl noch eben so lieb haben wie jetzt, wenn ich wieder da bin?
Sie nickte, und sah ihm freundlich ins Gesicht. — Ich habe dich auch vertheidigt; sagte sie nach einer Pause.
Mich? Gegen wen hattest du das nöthig?
Gegen meine Mutter. Wir sprachen gestern Abend, als du weggegangen warst, noch lange über dich. Sie meinte, du seist nicht mehr so gut, wie du gewesen.
Reinhardt schwieg einen Augenblick; dann aber nahm er ihre Hand in die seine, und indem er ihr ernst in ihre Kinderaugen blickte, sagte er: Ich bin noch eben so gut, wie ich gewesen bin; glaube du das nur fest! Glaubst du es, Elisabeth?
Ja, sagte sie. Er ließ ihre Hand los und ging rasch mit ihr durch die letzte Straße. Je näher ihm der Abschied kam, desto freudiger ward sein Gesicht; er ging ihr fast zu schnell.
Theodor Storm: Sommergeschichten und Lieder. Duncker, Berlin 1851, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Theodor_Storm_Sommergeschichten_und_Lieder.djvu/80&oldid=- (Version vom 1.8.2018)