ein Jeder selber suchen. Es stehen genug Erdbeeren im Walde, das heißt, für den, der sie zu finden weiß. Wer ungeschickt ist, muß sein Brod trocken essen; so geht es überall im Leben. Habt ihr meine Rede begriffen?
Ja wohl! riefen die Jungen.
Ja seht, sagte der Alte, sie ist aber noch nicht zu Ende. Wir Alten haben uns im Leben schon genug umhergetrieben; darum bleiben wir jetzt zu Haus, das heißt, hier unter diesen breiten Bäumen, und schälen die Kartoffeln, und machen Feuer und rüsten die Tafel, und wenn die Uhr zwölf ist, sollen auch die Eier gekocht werden. Dafür seid ihr uns von euren Erdbeeren die Hälfte schuldig, damit wir auch einen Nachtisch serviren können. Und nun geht nach Ost und West und seid ehrlich!
Die Jungen machten allerlei schelmische Gesichter. Halt! rief der alte Herr noch einmal. Das brauche ich euch wohl nicht zu sagen, wer keine findet, braucht auch keine abzuliefern; aber das schreibt euch wohl hinter eure feinen Ohren, von uns Alten bekommt er auch nichts. Und nun habt ihr für diesen Tag gute Lehren genug; wenn ihr nun noch Erdbeeren dazu habt, so werdet ihr für heute schon durchs Leben kommen.
Die Jungen waren derselben Meinung, und begannen sich paarweise auf die Fahrt zu machen.
Theodor Storm: Sommergeschichten und Lieder. Duncker, Berlin 1851, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Theodor_Storm_Sommergeschichten_und_Lieder.djvu/62&oldid=- (Version vom 1.8.2018)