als die Majestäten und ihre Minister; und wer seine Nase in die Politik steckte, den hießen wir einen Kannegießer, und war’s ein Schuster, so ließ man die Stiefeln bei seinem Nachbar machen. Die Dienstmädchen hießen noch alle Trine und Stine, und jeder trug den Rock nach seinem Stande. Jetzt tragt ihr sogar Schnurrbärte wie Junker und Cavaliere. Was wollt ihr denn? Wollt ihr alle mit regieren?
Ja, Großmutter, sagte der Enkel.
Und der Adel, und alle die hohen Herrschaften, die doch dazu geboren sind? Was soll aus denen werden?
Oh - - Adel - - sagte die junge Mutten, und sah mit stolzen liebevollen Augen zu ihrem Manne herauf.
Der lächelte und sagte: Streichen, Großmutter; oder wir werden alle Freiherren, ganz Deutschland mit Mann und Maus. Sonst seh ich keinen Rath.
Die Großmutter erwiderte nichts darauf; sie sagte nur: Auf meiner Hochzeit wurde nichts von Staatsgeschichten geredet; die Unterhaltung ging ihren ebenen Tritt, und wir waren eben so vergnügt dabei, als ihr in euren neumodischen Gesellschaften. Bei Tische wurden spaßhafte Räthsel aufgegeben und Leberreime gemacht, beim Desert wurde gesungen „Gesundheit, Herr Nachbar, das Gläschen ist leer“ und alle die andern hübschen
Theodor Storm: Sommergeschichten und Lieder. Duncker, Berlin 1851, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Theodor_Storm_Sommergeschichten_und_Lieder.djvu/19&oldid=- (Version vom 1.8.2018)