Zum Inhalt springen

Seite:Teutsche satyrische Gedichte Wolfenbuettel.djvu/89

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Und ob sich ja ein Strauß hierüber solt erheben;
So sind mir auch umsonst die Fäuste nicht gegeben.
Wer weiß was Jonadab und seinesgleichen kan?
Die gantze Ritterschaft hängt meinen Printzen an.
Nur frisch hinein gewagt ohn alle Sorg und Grämen.
Es ist kein starckes Schloß noch Festung einzunehmen.
Greift was vielleicht die Jungfrau selbst mit Willen gibt.
Und will sie eben nicht; so thut was euch beliebt;
Doch so viel möglich ist, laßt heimlich diß geschehen.
Wer etwas stehlen will, der muß auf Socken gehen.
Sucht in der gantzen Burg das innerste Gemach
Und leget euch zu Bett, und stellt euch kranck und schwach.
Da laßt euch Thamar denn ein niedlich Eßen reichen
Und schickt die Diener fort. Last alle von euch weichen.
Was weiter dient, gethan. Bedarf nicht viel Geschwätz.
Das Wild ist denn im Garn, der Vogel in dem Netz.
O rechter Hofe-Schwantz, Achitophels Verwandter,
Fuchsschwäntzer, Zeche-Freund, des Teufels Abgesandter,
Hertz- Ehr- und Seckel-Dieb (denn dahin geht die Kunst,
Ein Schmeichler strälet nicht die Katze gar umbsonst)
Pflaumstreicher, Heuchel-Maul, Schalcksdeckel, Federleser,
Schmarutzer, Hofe-Pest, Zuschürer, Ohrenbläser.
Wer deinen Worten gläubt, der baut auf losen Grund,
Versteckt die Karte nicht, kennt keinen faulen Hund.
Noch gleichwol will der Hof zum grossen Hertzleid haben
Viel lieber einen Mann von solchen edlen Gaben,
Als einen wahren Freund, der saget was gebricht,
Dem Ubel klüglich wehrt, dem Unheil widerspricht.
Der Sinnen-lose Fürst ließ alles sich gefallen,
Prieß seinen Jonadab und seinen Rath für allen.
Er fiel ihn um den Halß: Er lobte seine Treu,
Vollbracht den bösen Rath ohn alle Scham und Scheu.
Das fromme Schäflein ward mit Hinderlist entwendet,
Dem Wolfe zugeführt, mit aller Macht geschändet.

Empfohlene Zitierweise:
Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/89&oldid=- (Version vom 1.8.2018)