Doch gestern wol gefüllt, und fügt es seinem Sinn;
So geht es wieder auf den alten Käyser hin.
Wie mancher aber ist, der von den reichen Schätzen
Nicht einmal in dem Jahr sich redlich darf ergötzen:
Säuft Wasser oder Wey, maust hart und schimlich Brodt:
Der grosse Vorrath selbst bringt ihn in Hungers-Noth.
Zu Leuten kommt er nicht. Er hütet sich für Schaden.
Denn wer zu Gaste geht, der muß auch andre laden:
Drum hält er sich versperrt, frißt seinen Kohl allein,
Darauf ich warlich nicht sein Gast begehr zu seyn.
Er ist der Erben Fluch, wiewol sie alle schmeicheln,
Und dieser mehr, als der, dem alten Kröchler heucheln,
Und sehn erbärmlich zu wenn ihm vom Fieber graut,
Als wie ein mager Hund ein sterbend Pferd anschaut.
Hie aber weiß der Geitz sich schön und rein zu machen,
Spricht: Was? Soll denn ein Mensch nicht für die Seinen wachen:
Ernehren Weib und Kind, versorgen seinen Heerd?
So war er ia ein Bub, und nicht des Lebens wehrt.
Ja freylich. Aber diß hat auch bescheidne Maaße.
Viel besser ist, daß man was ehrlichs hinterlaße,
Den übrigen zu gut, als daß man herrlich leb
Und endlich für den Sarg den lezten Thaler geb
Und mach ein Testament, dafür nicht viel zu dancken,
Als nur, daß um den Rest die Erben sich nicht zancken.
Wer wolgewonnen Gut den Seinen lassen kan,
Der ist für aller Welt ein Ehren-werther Mann.
Du aber hörst nicht auf zu kargen und zu fasten
Und machest einen GOtt aus deinem Silber-Kasten.
Und ob des Geldes noch wär tausendmahl so viel;
So hat der schnöde Geitz doch weder Maaß noch Ziel.
Nun lieber, sage mir: Wenn etwa deine Kinder
Auch solten seyn, wie du, so Ende-lose Schinder;
Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/58&oldid=- (Version vom 1.8.2018)