Hätt auch der Seneca so plump nicht zugenommen;
Das warme Bad wär ihm so übel nicht bekommen:
Hätt ihn das gute Glück mit Gelde nur verschont;
Der Schüler hätte nicht dem Meister so gelohnt.
Wer seinen Schatz, das Geld, zur Reise mit sich träget,
Wie geht er voller Angst? Wenn nur ein Schilf sich reget;
So fürchtet er das Schwerdt. So oft ein Lüftlein weht;
So ist kein Haar an ihm, das nicht zu Berge steht.
Er wünschet tausendmahl den rothgefärbten Morgen,
Das liebe Tages-Licht, den Anstand seiner Sorgen.
Wer ledig ist geht frey. Die Armuth ist sein Schutz.
Er singt ein frölichs Lied dem Mörder wie zu Trutz.
Wir sehen mächtig stoltz, wenn unsre Tafeln pralen
Mit silbern Tisch-Geschirr, und güldenen Pocalen;
Da doch viel besser ist nur Saltz und sichre Ruh.
Man richtet keinen Gift in steinern Schüsseln zu.
Wo theurer Malvasier im rothen Golde brennet,
Da fürchte die Gefahr, die Leib und Seele trennet.
Ein Schincken aus dem Rauch steht wider Hungers-Noth.
Der süsse Marzipan bringt oft den bittern Tod.
Wohl deme, dessen Wunsch nicht weiter sich erstrecket,
Als seiner Nothdurft dient. Ob dich ein Palast decket,
Von Marmor oder Stroh; Du wirst nach meinem Sinn,
Darum nicht höher seyn, nicht kürtzer als vorhin.
Was hilft es, das Lucul zu Tafel ist gesessen,
Da hundert Trachten stehn? Er kan nur satt sich fressen.
Was ihm Geflügel, Wild, Pasteten, welsches Huhn;
Das alles kan mir auch ein guter Stockfisch thun.
Geschweige, daß ihm nichts nach Willen mag gerathen.
Denn ist die Suppe saltz, das Fleisch zu sehr gebraten:
Es mangelt hie und dort, bald diß, bald ienes noch:
Da geht ein Wetter an; Da fluchet man dem Koch
So manchem in den Leib, als Juden sind zu Prage,
Als Huren zu Florentz, als Stutzer in dem Haage;
Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/56&oldid=- (Version vom 1.8.2018)