Es ist ein Sommer-Flug. Den Ancker in die Höh:
Stell auf Maisan und Fock. Nur lustig in die See!
Und kan dieselbe Nacht vielleicht sich das begeben,
Daß er von aller Pracht nichts übrig, als das Leben
Und schwimmet ohne Schif gantz nackend in der Fluth
Und hat, dafern es glückt, von aller Haab und Gut
Den Beutel in dem Maul: Ja kan es ihm gelingen,
Daß er den blosen Leib nur an das Land mag bringen;
Er wird zufrieden seyn. Da wird er Hauß bey Hauß
Um einen Heller gehn, und streichen weidlich aus,
Wie groß die Noth gewest, wieviel er zugesetzet.
Da wird ein ieglichs zehn auf tausend hingeschätzet.
Und ob ihn gleich die See gantz kahl und blos gemacht;
So führet er dennoch mit Lügen seine Pracht.
Nun, was mit solcher Angst und Sorgen wird erkaufet,
Wornach man mit Gefahr der Seelen rennt und laufet,
Was man so lange Zeit auf einen Hauffen spahrt,
Das wird noch sorglicher erhalten und verwahrt.
Die Laden voller Gold, die reichen Silbertruhen
Die lassen ihren Herrn gar selten sicher ruhen.
Ist der Ducaten gleich geharnischt wie ein Held;
Es wird ihm eben wol von Dieben nachgestellt.
Wie leichtlich kan ein Brand in einem Hauß entstehen?
Wie leichtlich kans der Knecht, wie bald die Magd versehen?
Wenn erst Ukalegon, dein Nachbar, steht im Rauch;
So gilt es deiner Wand und deinem Giebel auch.
Je mehr nun solches Hauß mit Reichthum ist beladen,
Je schwerer ist die Noth, je grösser ist der Schaden.
Das Faß Diogenis wird niemals abgebracht.
Zerbricht es? Morgen ist ein anders nachgemacht.
Diß hat der grosse Fürst von Pella wol erwogen,
Der nur aus lautern Geitz die Welt hat überzogen,
Bezwungen, durchgeraubt und siegend überreist,
Darum er auch für sich den Bettler selig preist:
Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/49&oldid=- (Version vom 1.8.2018)