daß meine Kinder ja nicht bleiben
in weiter Fremde, von mir fern.
Mögen denn die zarten Kindlein
lieblich in die Heimat schweben
und erzählen, wie es ihnen
schwer ward, hier zu leben.
Und man wird sie dort im stillen
Heim begrüßen, o wie traut –
Doch der Vater wird dann schütteln
ernst das Haupt, das ganz ergraut.
Und die Mutter, sie wird sprechen:
„Wäret ihr, ach, nie geboren!“
Nur die Maid wird denken:
„Ich hab mein Herz an euch verloren!“[1]
Es ist demnach nur begreiflich, daß er sich vom Meer nicht ohne Weh trennen konnte. Dort in Orenburg – winkte ihm die Festungskaserne unheimlich zu; hier hatte er doch wenigstens relative Bewegungsmöglichkeit gehabt und Gelegenheit zum Zeichnen. Sein Abschied vom Aral lautet also:
„Frischauf! Im Wind die Segel schwellen.
Wir ziehn durchs Schilf auf blauen Wellen
in Booten zum Syr Darja-Fluß.
Dir, der du meine Qual halfst tragen,
zwei Jahre stilltest meine Klagen,
dir Kos-Aral, ein letzter Gruß!
Gott lohns dir, Freund, voll Stolz verkünde,
daß man dich fand, sei eingedenk,
daß klug die Menschen dies Geschenk
zu nutzen wußten und zu werten.
Leb wohl denn, armer Freund! Ich schenk’
der Wüste weder Lob noch Klagen;
und, in ein fremdes Land verschlagen,
vielleicht … vielleicht … all meiner Plagen,
der einstigen, ich einst noch denk …“[2]
Doch bis auf den letzten Tropfen sollte der verbannte ukrainische Dichter den Kelch des Leidens leeren … Dem Fegefeuer, durch das er am Aralsee gegangen war, folgte die wahrhaftige Hölle am Kaspischen Meer. Ein Leutnant
Alfred Anton Jensen: Taras Schewtschenko. Ein ukrainisches Dichterleben. Adolf Holzhausen, Wien 1916, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Taras_Schewtschenko._Ein_ukrainisches_Dichterleben._Von_Alfred_Jensen_(1916).djvu/56&oldid=- (Version vom 14.9.2022)