ahnend, kehrte Schewtschenko am 5. April 1847 von einer Reise nach Kiew zurück; er wurde hier sofort verhaftet, nebst seinen „Mitschuldigen“ nach Petersburg gebracht und in der berüchtigten Peter-Paul-Festung eingesperrt. Die Untersuchungshaft dauerte bis 23. Juni 1847.
Unter den Fragen, die ihm in der „dritten Abteilung“ vorgelegt wurden, lautete eine: „Warum sind ihre Freunde für ihre Verse so eingenommen, wenngleich diese des wirklichen Geistes und der Schönheit entbehren? Vielleicht haben ihre Freunde ihnen wegen ihres Übermutes und ihrer aufrührerischen Gedanken gehuldigt?“ Worauf Schewtschenko erwiderte: „Vielleicht sind meine Gedichte beliebt, weil sie in ukrainischer Sprache geschrieben sind.“ Als er weiter gefragt wurde, wie er sich erdreisten könnte, freche Gedichte gegen den Gossudar-Imperator zu schreiben, meinte er freimütig: „Schon in Petersburg hörte ich immer Frechheiten und Lästerungen gegen den Kaiser und die Regierung und als ich nach Kleinrußland zurückkam, hörte ich unter jungen, ehrbaren Leuten noch Schlimmeres. Ich sah das Elend und die schreckliche Unterdrückung der Bauern seitens der adeligen Gutsbesitzer und dies geschah und geschieht noch immer im Namen des Gossudaren und der Regierung.“
Der Gendarmeriechef, Graf Orloff, schlug in einem Bericht vom 26. Mai 1847 dem Kaiser vor, daß Schewtschenko, der „mit kräftiger Körperanlage ausgerüstet sei, in das Orenburgsche Linienregiment eingereiht werden solle, mit dem Rechte entlassen zu werden, doch unter strenger Kontrolle, damit er keine aufrührerischen oder Schmähschriften in welcher Form immer schreiben könne. Er gehöre allerdings der ukrainisch-slawischen Gesellschaft nicht an, sondern handelte vielmehr eigenmächtig und verblendet durch persönliche Sittenverderbnis. Nichtsdestoweniger müsse er als einer der gefährlichsten Verbrecher hinsichtlich des aufrührerischen Geistes und Übermuts erachtet werden. Der kaiserlichen Familie gegenüber habe er sich undankbar erwiesen, denn sie war es, die zu seinem Loskaufen von der Leibeigenschaft beigetragen hatte. Unter seinen Freunden genieße er den Ruf eines bekannten kleinrussischen Schriftstellers
Alfred Anton Jensen: Taras Schewtschenko. Ein ukrainisches Dichterleben. Adolf Holzhausen, Wien 1916, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Taras_Schewtschenko._Ein_ukrainisches_Dichterleben._Von_Alfred_Jensen_(1916).djvu/46&oldid=- (Version vom 14.9.2022)