galt der historischen Bedeutung der russischen Volkspoesie (einschließlich der ukrainischen); er verfaßte in ukrainischer Sprache die Dramen „Ssawa Tschalyj“ und „Perejaslawska Nitsch“ sowie die Gedichtsammlungen „Ukrainski Ballady“ und „Witka“ (1839–40). Kostomarow studierte auch die serbische Sprache, die polnische und die tschechische und er interessierte sich für die slawische Wechselseitigkeit auf Grundlage der nationalen Autonomie. Ernannt zum Professor der Geschichte an der Universität in Kiew 1846, stiftete er die St. Cyrill- und Methodus-Gesellschaft und machte so den ersten Versuch, die ukrainische Idee zu formulieren.
Dieser Verein, der ungefähr hundert Mitglieder zählte, bezweckte einen idealen Panslawismus und eine slawische Föderation auf Grund der Freiheit und des Selbstbestimmungsrechtes einzelner Slawenvölker. Kostomarow entwarf selbst die Satzungen des Vereines, denen folgende Forderungen und Ziele zugrunde lagen: die geistige und politische Vereinigung der Slawen als ihre ureigene Bestimmung und die Selbständigkeit jedes slawischen Stammes, d. h. der Ukrainer, Russen, Weißruthenen, Polen, Tschechen und Slowaken, der Lausitzer, der Illyro-Serben nebst den Kroaten und der Bulgaren. Jeder Stamm sollte eine nationale Regierung haben und der vollständigen Gleichheit in bezug auf Geburt, christliches Glaubensbekenntnis und Stand teilhaftig sein. Bildung und sittliche Reinheit sollten Voraussetzungen der Teilnahme an der Regierung sein. Den Mitgliedern wurde zur Pflicht gemacht, die Erziehung der Jugend zu fördern, notleidenden Familien der Genossen beizustehn, religiöse Eintracht und Duldsamkeit anzustreben und für die Aufhebung der Leibeigenschaft, der Standesprivilegien und körperlichen Strafen tätig zu sein; außerdem sollte jedes Mitglied ein heiliges Gelübde der Verschwiegenheit ablegen, der guten Sache nicht untreu zu werden und die Kameraden nicht zu verraten. Als Abzeichen für die Mitglieder wurde ein goldener Ring gewählt oder ein Heiligenbild mit der Inschrift: „Sw. Kyrylo i Metodyj“ (Die heiligen Cyrill und Methodus). Auf dem Siegel war die Devise
Alfred Anton Jensen: Taras Schewtschenko. Ein ukrainisches Dichterleben. Adolf Holzhausen, Wien 1916, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Taras_Schewtschenko._Ein_ukrainisches_Dichterleben._Von_Alfred_Jensen_(1916).djvu/42&oldid=- (Version vom 16.9.2022)