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Seite:Taras Schewtschenko. Ein ukrainisches Dichterleben. Von Alfred Jensen (1916).djvu/31

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Schewtschenkos Prüfungszeit in der Küche – Maksim Gorkij hat auch einen ähnlichen Beruf versucht und dieses Fegefeuer in seinen biographischen Erzählungen besungen! – dauerte indessen nicht lang. Durch einen glücklichen Zufall wurde er als Leibbursche bei dem Gutsherrn selbst angestellt; er zog einen Zwilchrock an und ebensolche Hosen und stieg somit eine Stufe höher auf der gesellschaftlichen Leiter. Es war nämlich eine allgemein verbreitete Sitte, daß die Herren hohen Standes einen kleinen Hof von Lakaien, Musikanten, Schauspielern etc. hielten. Dieses Gesinde von Leibeigenen nannte man in der Ukraine „kosatschky“ (Kosakenburschen). Über seine Stellung als Kammerdiener schreibt Schewtschenko in seiner Biographie folgendes:

„In diesem einst kosakischen Lande einen anständigen Lakaien aufzuziehen, will fast soviel bedeuten als die Zähmung des schnellfüßigen Renntiers in Lappland umwillen des Menschen. Die polnischen Gutsherren hielten diese sogenannten Kosatschky nicht nur als Lakaien, sondern sie verwendeten sie auch als Musikanten und Schautänzer. Diese Kosaken spielten zur Erheiterung ihrer Herren zweideutige Lieder lustigen Inhaltes, wie sie die Volksmuse im sorgenfreien Dusel schafft, und sie duckten sich auf den Wink des Herrn in die Knie … Mein Gutsherr wies mir ein Plätzchen in der Ecke des Vorzimmers an und machte mir regungsloses Schweigen zur Pflicht, damit ich auf seinen Ruf jederzeit zur Stelle wäre, wenn es galt, ihm die Pfeife zu reichen oder ein Glas Wasser vor seiner Nase zu füllen. Bei der mir angebornen Unzähmbarkeit des Charakters durchbrach ich bald das Gebot meines Herrn, indem ich mit vernehmbarer Stimme kopfhängerische Hajdamakenlieder sang oder verstohlenerweise Gemälde der susdalischen[1] Schule kopierte, mit denen die herrschaftlichen Zimmer geschmückt waren. Ich zeichnete mit einem Stift, den ich – es sei hier ohne Gewissensbisse eingestanden – im Kontor gestohlen hatte.“


  1. Eine altrussische Stadt, wo kirchliche Malerei gepflegt wurde.