dem Herzen an. O, wende deinen Blick
hinweg, die seherische Träne trockne,
die von der reinsten Wimper quillt, dein Haupt
mit Lilien kränze und des Mohnes Blüte
und eh’ sich dein Geschick erfüllen will,
such Schlummer in des Ahornbaumes Schatten!“[1]
Die felsenfeste Gottesfurcht versüßte die letzten dichterischen Stunden des gebrochenen Kobsaren und hielt ihn noch in den bittersten Augenblicken aufrecht. Sein eigenes Leben war schon zertrümmert, die Hoffnung auf häusliches Glück vereitelt und keine Zukunft lächelte dem müden Wanderer vom Aralsee. Aber an dem menschlichen Fortschritt, an der glücklichen Zukunft seiner Ukraine verzweifelte er nicht:
„Gib mir, o Gott, auf Erden Liebe, das Paradies des Herzens, Liebe zur Gerechtigkeit – mehr wünsch ich nicht … Auch die noch nicht empfangenen Zarensöhne werden hinsterben und auf der erneuten Erde wird es keine Feinde und Widersacher geben; da wird Liebe zwischen Mutter und Sohn herrschen und alle werden Menschen sein …
Die Sonne geht auf und bringt den Tag.“
Taras Schewtschenko ward reicher als er je hätte wünschen können … Die Liebe des Volkes wird sein schönster Lohn und in der Geschichte der Weltliteratur hat er sich ein Monument errichtet … dauerhafter als Erz.
- ↑ Übertragen von A. Popowicz.
Alfred Anton Jensen: Taras Schewtschenko. Ein ukrainisches Dichterleben. Adolf Holzhausen, Wien 1916, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Taras_Schewtschenko._Ein_ukrainisches_Dichterleben._Von_Alfred_Jensen_(1916).djvu/171&oldid=- (Version vom 7.10.2018)