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Seite:Taras Schewtschenko. Ein ukrainisches Dichterleben. Von Alfred Jensen (1916).djvu/113

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ihre nationalen Stoffe mit mythologischen und klassischen Bildern auszuschmücken. Obgleich Schewtschenko recht viel gelesen hatte, hielt er sich doch von derartigen Kunstkniffen gänzlich frei. Wenn ihm z. B. in den „Hajdamaken“ der klassische Vergleich entschlüpft, daß es „so wie in Troja war“, ist das nur die Wiederholung eines Zitates aus einem frühern Gedichte [„Zum Andenken an Kotljarewskyj[1]], in welchem Troja in leicht erklärlichem Zusammenhang mit der „Aeneis“ steht.

Übrigens sind diese klassischen Fälle leicht gezählt. In einem Gedicht vom Aralsee besingt er „die rotwangige Diana“; in einigen Strophen aus derselben Periode ruft er „die Schwester des Apoll am heiligen Parnaß“ an und in dem Schwanengesang erwähnt er die mythologischen Flüsse Lethe, Phlegeton und Styx. Zweimal wird die Nymphe Egeria genannt, die schirmende Fee des römischen Königs Numa. Sogar der alte Saturn, der alles verschlingende Gott der Zeit, wird nicht gänzlich vergessen. Sonst kommen aus der antiken Welt nur vereinzelte Namen vor. In dem Gedichte „Die kühle Schlucht“ fordert er seine Landsleute auf, den grausamen Nero[2] nicht „prepodobnyj“ (heilig) zu heißen und in dem „Sendschreiben an die Toten und Lebenden in der Ukraine“ spricht er von denen, die sich rühmen, daß es auch bei ihnen mehrere Brutus und Cocles gegeben hat. Im „Irzhawetzj“ vergleicht er das Los der Ukraine mit der Hölle „des alten Dante“ und die Prinzessin in der gleichnamigen Erzählung erscheint dem Dichter wie Beatrice Cenci, die „ihren Vater, den Kardinal“, tötete, als er sie notzüchtigen wollte.

Die volkspoetische Sprache Schewtschenkos zeigt sich aber positiv in der häufigen Verwendung von epitetha ornantia: „das blaue Meer“ (ssynje more), „der graublaue Adler“ (ssysyj orel), „das reine Feld“ (tschysste pole) etc. Das Pferd des Kosaken ist „rabenschwarz“ (woronenjkyj), die


  1. „Kotljarewskyj“, „Taras Trjasylo“ und „An K. Markewytsch“.
  2. Hier ist es natürlich auf den moskowitischen Zaren abgesehn. In die Zeit Neros ist auch die Handlung des epischen Gedichtes „Neofity“ verlegt.