grünt im Morgentaue badend
und begrüßt die Sonne …“
Ebenso wird die Abenddämmerung in Worten ausgemalt:
„Mein Abendstern, o tauche du
am Berg empor und sei geneigt
zum Zwiegespräche mir Gefangnem!
Erzähl, wie hinter Bergeshöhen
die Sonne niedersinkt,
wie aus des Dniprós Flut
der Regenbogen Wasser saugt,
wie da die Espe ihre Zweige spreizt
und dicht am Fluß die Weide steht,
ins Wasser ihre Äste tauchend,
auf denen Kinder schaukeln,
ungetauft dahingeschiedene …“[1]
In einem gleichbetitelten Gedichte (Orsk 1847) sieht er, wie „die Abendsonne den Hain vergoldet, den Dnipró und das Feld mit Gold bedeckt; Masepas Domkirche[2] glänzt in dem weißen Gewand; das Grab des Vaters Bohdan schimmert; auf dem Weg nach Kiew beugen sich die Weiden über die Grabhügel, in denen drei Brüder ruhn; die Alta vereinigt inmitten des Riedgrases ihre Wellen mit dem Trubajlo, gleich Bruder und Schwester. Alles dies, alles erfreut das Auge, während das Herz weint und sich scheu in sich zurückzieht.“
Anders schildert ein Gedicht aus der Verbannung die Abendstimmung. „Die Sonne geht unter, die Berge verfinstern sich. Das Vöglein wird still, das Feld verstummt. Die Menschen freuen sich auf die Ruhe. Die ganze Natur ist in Dunkel gehüllt. Auf dem tiefblauen Himmel erscheinen die Sterne …“ Und der Dichter fragt unter Tränen den Abendstern, ob er zur gleichen Zeit auch in der Ukraine glänzt, ob dunkle Augen nach ihm ausschauen.[3]
Alfred Anton Jensen: Taras Schewtschenko. Ein ukrainisches Dichterleben. Adolf Holzhausen, Wien 1916, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Taras_Schewtschenko._Ein_ukrainisches_Dichterleben._Von_Alfred_Jensen_(1916).djvu/106&oldid=- (Version vom 7.10.2018)