Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica | |
|
Hiesiger Landen / wo viel / so wohl hitzige / als kalte mineralische Dünste von den Ertzen aus der Erden aufsteigen / will man dafür halten / daß solche die Wurtzeln angreiffen / und also der Baum verdorren muß / welches aber eine Anzeigung gebe / daß gute Ertz-Gänge daselbst verhanden seyn müssen.
§. 31. In Thüringen und andern Gegenden / ist an unterschiedenen Orten die Darre / die Sterbe / oder die Pest / auch ins Laub-Holtz kommen / so gar das gantze Flecke und Holtz-Refieren davon verdorben / und verdorret sind.
Solchem Übel nun vorzukommen / damit es die nah- und angelegne Höltzer auch nicht inficiren möchte, hat man tieffe Gräben darzwischen aufgeworffen / auch die Wurtzel von inficirten Bäumen in Gräben abgehauen / und heraus gerissen / auf daß sie die Wurtzeln / der annoch gesunden Bäume / nicht berühren und gleichfalls mit der Seuche nicht anstecken möchten / wodurch dann diese Holtz-Pest durch GOttes Gnade gesteuret worden.
Jedoch hat man dabey observiret / daß ein Geschlecht des Holtzes das andere nicht anstecke / als e. g. die inficirte Aspe stecket die nahe dabey stehende Eiche nicht an / die Fichte nicht die Tanne / und so ferner.
§. 32. Also ist es gewiß / daß ins gemein gewisse und unterschiedene Ursachen verhanden / warum die Bäume abstehen und verderben / als 1. das Alter und die Zeit, 2. obberühte accidentien / 3. die Witterung / oder 4. der Ort / darauf sie selbst stehen.
Hieraus ist aber nicht zuschliessen / daß die Welt oder die Natur abgenommen.
Denn dieses scheinet alles falsch / und die Constantia naturae dargegen mehr als zu gewiß zu seyn.
Dahero auch / daß theils solcher obberührter Gebrechen zu curiren / theils aber gar unheilsam seyn / nicht zu leugnen / wie wohl es auch nicht möglich in grossen Wäldern bey so starcker Menge der Bäume / alles zu remediren.
Unterdessen soll ein Hauß-Vater / oder der jenige / so darüber bestellet / so viel hierunter thun / als nur möglich / und die beschädigten anbrüchigen Bäume / so bald man eine ansteckende Seuche vermuthet / entweder aus dem Wege räumen / aus dem Walde schaffen, und verkauffen / welches fast das einzige und sicherste Wittel / dadurch den Nebenstehenden machen / und wieder die ferner Ansteckung verwahren / oder also denenselben Hülffe thun / daß sie sich erholen / und erhalten mögen / sonderlich bey jungen Holtz.
Sonsten kan man auch Rath schaffen / zum Exempel / wenn der Brand bey dem Laub-Holtz Wipffel kommt / so ziehet sich solcher in Baum herab / und verderbet ihn.
Hierwieder nun ist dienlich / daß bey jungen Holtze man den Gipffel abtrage mit einem
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/84&oldid=- (Version vom 12.12.2020)