– „O, eigentlich nichts; es sind mir nur zu viele Menschen hier.“
„Aber Du siehst so traurig aus!“
Sie schüttelte den Kopf; dann sprachen sie wieder nicht.
Da stieg es über ihr Schweigen wie Eifersucht in ihm auf, und heimlich unter dem überhängenden Tischtuch ergriff er ihre Hand; aber sie zuckte nicht, sie schloß sich wie vertrauensvoll um seine. Hatte ein Gefühl der Verlassenheit sie befallen, da ihre Augen täglich auf der hinfälligen Gestalt des Vaters haften mußten? – Hauke dachte nicht daran, sich so zu fragen; aber ihm stand der Athem still, als er jetzt seinen Goldring aus der Tasche zog. „Läßt Du ihn sitzen?“ frug er zitternd, während er den Ring auf den Goldfinger der schmalen Hand schob.
Gegenüber am Tische saß die Frau Pastorin; sie legte plötzlich ihre Gabel hin und wandte sich zu ihrem Nachbar: „Mein Gott, das Mädchen!“ rief sie; „sie wird ja todtenblaß!“
Aber das Blut kehrte schon zurück in Elke’s Antlitz. „Kannst Du warten, Hauke?“ frug sie leise.
Der kluge Friese besann sich doch noch ein paar Augenblicke. „Auf was?“ sagte er dann.
Theodor Storm:Der Schimmelreiter. Berlin: Gebrüder Paetel, 1888, Seite 90. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Storm_Der_Schimmelreiter.djvu/90&oldid=- (Version vom 1.8.2018)