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Seite:Steig Runges Leben und Schriften.djvu/3

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die Herausgabe vor 20 oder 30 Jahren mehr angezogen haben würde . . Otto’s Anschauungen vereinigen in sich festen christlichen Glauben, feurige Phantasie und tiefen Forschungsgeist. Aber eben hier entsprangen bei mir die Bedenklichkeiten gegen die Herausgabe. Otto hatte das Wahre der Mystik Jacob Böhme’s aufgefaßt, damit aber auch Manches von dessen Vorstellungsweise, und so kam er zu dem Gewagten, z. B. die Dreieinigkeit in den Farben zu finden und die gelbe dem Heiligen Geist zu vindiciren. Otto würde bei seinem klaren Sinn sich durch solch Phantastisches durchgearbeitet haben, wäre er leben geblieben – nun aber steht es abgeschlossen da und ist rohen und platten Geistern preißgegeben. Otto war nach Körper und Sinn ein derber, heitrer Pommeraner, aber tiefer Ernst war Grundlage; – so wendete er sich von dem Katholisiren bei Einigen der damaligen romantischen Schule ab, weil es ihm nur als ein Spiel erschien.

Von Perthes gibt es auch noch ein ganzes Päckchen Briefe an Reimer. So liefen zwischen Reimer und Runge viele Beziehungen hin und her, die die Grundlage ihrer Freundschaft bildeten.

Der erste Brief Runges an Reimer kam 1803 aus Dresden. Voraussetzung ist, daß Runge vorher in Berlin und bei Reimer, Bernhardi und anderen gewesen sein muß. Diese Reise machte Runge (Hinterlassene Schriften 2, 242. 492) mit seiner Braut Pauline Bassenge und deren Mutter von Dresden nach Wolgast und zurück vom 7. August bis 16. September 1803. Wieder in Dresden, schrieb er nunmehr an Reimer, und die Nachrichten, die er gibt, stimmen zum Teil mit denen zusammen, die sich in gleichzeitigen (im 1. Bande gedruckten) Briefen an andere Nahestehende sich finden:

Dresden d. 24. October 1803     

 Lieber Reimer

Ich habe schon sehr lange an Dich schreiben wollen hab es aber nicht gethan ich bin auch in Leipzig gewesen und bin so mit meinen Arbeiten auch sehr behaftet gewesen daß ich nicht viel Zeit gehabt habe, ich bitte Deine Frau und Schwiegerin recht von Herzen zu grüßen von uns und der Mutter, ich bin nun mit den Kupferstechern in richtigkeit und sie arbeiten auch frisch daran, ich werde zu Johannis, denke ich, mit allen fertig seyn was daran bummelt und bammelt eher aber nicht, ich schicke Dir auch das versprochen Lied hierin,[1] Du kansts etwas für Dich behalten ich hab es für mich selbst gemacht und weil ichs nicht laßen konnte und niemand hatte den ich meine Noth klagen konte, doch das ist nun mit Gottes Hülfe alles vorbey, und ich denke sehr stark an meiner Abreise welche heut über 3 Wochen wol vor sich gehen wird, erkundige Dich doch unter der Hand ob A W Schlegel gegen die Zeit nach Waimar geht mir wäre es nicht sehr lieb mit ihm dort zu seyn, ich bin mit meinen Arbeiten hier fertig und räume jetzt blos noch so auf, ich freue mich aufs Arbeiten in Hamburg. – ich habe mit einen Polnischen Grafen Biernacky mit dem ich auch nach Leipzig war, sehr genaue Bekantschaft gemacht und ihm versprechen müßen ihm mit den Jahren ein mahl eine Kirche in seinen Landen zu bauen wir werden sehn was dort zu machen ist, es könte wol sehr schön werden, ich werde mahl auf einige Zeit zu ihm reisen müßen.


  1. über das Lied weiter unten.
Empfohlene Zitierweise:
Reinhold Steig: Zu Otto Runges Leben und Schriften. Fromme, Leipzig und Wien 1902, Seite 662. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Steig_Runges_Leben_und_Schriften.djvu/3&oldid=- (Version vom 1.8.2018)