Reinhold Steig: Frau Auguste Pattberg geb. von Kettner darin: Auguste Pattberg: Aus dem Odenwald, Rheinischer Bundesring, Gruß | |
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Es steht ein Baum im Odenwald,
Der hat viel grüne Äst,
Da bin ich schon viel tausend mahl
Bei meinem Schaz gewest.
Der pfeift gar wunderschön,
Ich und mein Schäzlein lauern auf,
Wenn wir mitnander gehn.
Der Vogel sizt in seiner Ruh
Und schauen wir dem Vogel zu,
So pfeift er allso gleich.
Der Vogel sizt in seinem Nest
Wohl auf dem grünen Baum,
Oder ist es nur ein Traum?
Und als ich wied’rum kam zu dir,
Gehauen war der Baum,
Ein andrer Liebster steht bei ihr,
Der Baum der steht im Odenwald
Und ich bin in der Schweiz,
Da liegt der Schnee, und ist so kalt,
Mein Herz es mir zerreisst.[1]
Bald gras ich am Neckar,
Bald gras ich am Rhein,
Bald hab ich ein Schätzel,
Bald bin ich allein.
Wann die Sichel nit schneidt,
Was hilft mir ein Schätzel,
Wenn’s bei mir nicht bleibt.
So soll ich dann grasen
So werf ich mein goldiges
Ringlein hinein.
Es fliesset im Neckar,
Und fliesset im Rhein,
Ins tiefe Meer n’ein
Und schwimmt es das Ringlein,
So frisst es ein Fisch,
Das Fischlein soll kommen
Der König thät fragen,
Wems Ringlein soll sein?
Da thät mein Schaz sagen,
Das Ringlein g’hört mein.
Berg auf und Berg ein,
Thät mir wiedrum bringen
Das GoldRinglein fein.
Kannst grasen am Neckar,
Wirf du mir immer
Dein Ringlein hinein.[2]
So viel Stern am Himmel stehen,
So viel Schäflein als da gehen,
In dem grünen Feld,
So viel Vögel, als da fliegen,
So viel mahl sei du gegrüsst.
Soll ich dich dann nimmer sehen –
Ach das kann ich nicht verstehen,
O du bittrer Scheidens Schluss!
Eh ich mir ein Schaz erworben,
Wär ich jezo nicht betrübt.
- ↑ Aus der eigenhändigen Niederschrift der Frau Pattberg. Darnach ohne Abweichungen in Des Knaben Wunderhorn 3, 116 mit der Aufschrift „Aus dem Odenwald“.
- ↑ Aus Des Knaben Wunderhorn 2, 15 mit der Aufschrift
Rheinischer Bundesring.Den Klammervermerk ersetzte Erk in der Neubearbeitung 2, 18 durch die Angabe „(A. v. Arnims Sammlung)“; hier und in Erks Deutschem Liederhort S. 232 die Varianten: Str. 21, 3 „Was bat mich“ und Str. 31 „schönes“ anstatt „goldiges“. Vgl. oben S. 84.
(Mitgetheilt von Frau von Pattberg.)
Reinhold Steig: Frau Auguste Pattberg geb. von Kettner. Koester, Heidelberg 1896, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Steig_Frau_Auguste_Pattberg.djvu/47&oldid=- (Version vom 1.8.2018)