– Sans-Regret! sagte er endlich höchst unmuthig; dieser verwünschte germanische Laut wird mich, da er im Deutschen jeden Augenblick vorkommt, sicherlich als Franzosen verrathen. Ich darfs nicht wagen, mich den bairischen Herren Offizieren vorzustellen.
– Das sagte ich ja! bemerkte Sans-Regret sehr ruhig.
– Du also, Monsieur le Trompette, wirst die Ordonnanz, diesen Urias-Brief allein zu übergeben das Vergnügen haben.
– Und Sie, Marschall . . .
– Nenne mich nicht immer Marschall, Coquin, der Du bist! bemerkte der Andere.
– Soll ich etwa Onkel Guébriant sagen? –
– Guébriant! murmelte dieser. Still, still! Ich glaube, die Bastionen vor uns und diese schlechten Thürme bewegen sich, als litten sie an Krämpfen . . . Wohlan, Rottweil und Du, glorreichster, bairischer Oberlieutenant, Liebling meines bairischen Busenfreundes, des Generals Mercy . . . Morgen früh wird der Name Guébriant so in Euren Ohren klingen, daß Ihr sie mit beiden Händen zuhalten sollt.
Der Sans-Regret schlug seinen Mantel zurück, faßte mit der Rechten rückwärts und brachte eine blitzende Trompete hervor, die er zum Ansatze bereit, dicht vor seinen Schnurrbart brachte.
– Soll ich, Onkel? fragte er.
– Immerhin.
Und ein schmetterndes Signal der bairischen Reiterregimenter tönte durch die Nacht und rief die Wachen schleunigst auf ihre Posten vor dem Ausfallthor und in die vorspringenden Winkel der Bastionen.
– Wer da? Wer da? hallte es, wie ein Lauffeuer sich fortpflanzend, rund um die Wälle von Rottweil.
Sans-Regret wiederholte seine Fanfare und ritt mit dem französischen Marschall Guébriant dicht unter das Ausfallthor.
– Ordonnanz vom General Johannes von Werth an den Commandirenden von Rottweil, Xaverius Schachterer! schrie der Trompeter in bestem Süddeutsch.
– Feldgeschrei! brüllte ein Mann von der scharfen Bastion den Reitern entgegen.
– Seid Ihr wahnsinnig? entgegnete Sans-Regret. Woher sollen wir Euer Feldgeschrei gewahr werden.
– Dann zurück oder es giebt Kugeln aus unseren Arquebusen.
– Sehr gut, Ihr unsinniges Volk! schrie Sans-Regret erbittert. Ich schwöre Euch, der Marschall Guébriant wird sie Euch mit schweren Zinsen wieder zurückzahlen.
– Wer? Wer?
– Guébriant wird morgen Nacht auf Rottweil marschiren; und wir, das heißt General Johannes von Werth, wir werden ihn abzuschneiden suchen, wenn Ihr Euch mit uns in den Sattel macht . . .
– Gut, gut, Kamerad! Der Oberlieutenant wird hier gleich in der Wache sein; spreche selbst mit ihm . . . bis dahin wartet draußen.
– Diese Hunde sind sehr wachsam! murmelte der Marschall. Wenn ich diese derben
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 358. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/375&oldid=- (Version vom 1.8.2018)