Zum Inhalt springen

Seite:SeebergAusAltenZeiten.pdf/100

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Paul Seeberg: Aus alten Zeiten : Lebensbilder aus Kurland

Es war keiner unter ihnen, der ihm ein unfreundliches, viele aber, die ihm bis an ihr Lebensende ein dankbares Andenken bewahrt haben. Und er verdiente es auch! Man konnte sich kein freundlicheres Herz denken, als das seine, keine innigere Liebe namentlich zu den Kindern, als wie sie in ihm wohnte. Dazu die Gabe der Anregung, wie er sie besaß! Dem trockensten Gegenstände, wie es ja deren in der lateinischen und griechischen Grammatik wohl giebt, wußte er durch Anregung des Wetteifers einen Reiz zu verleihen, so daß die jungen Olympier nicht merkten, wie sie unter dem Streben, der erste am Ziel zu sein, sich selbst gedient hatten. Niemals war er um Beschäftigung für die Mußestunden der Kinder verlegen; da wurde je nach der Jahreszeit gepflanzt oder gebaut, Spiele verschiedener Art, um Leib und Geist zu kräftigen, mit Eifer getrieben, Wan­derungen in den Wald, zumal zur Zeit der Nußlese, unternommen, im Winter gepappt, getischlert u. dergl. Nicht umsonst füllten Basedow’s, Campe’s, Salzmanns, Funks, Gutmuths, Raffs u. s. w. Schriften ganze Reihen in seinem großen Bücherschrank; er hatte von ihnen gelernt und die eigene Begabung unter Benutzung ihrer Erfahrungen entwickelt. Mit welchem Hunger wurden Reisebeschreibungen von der Kinderwelt verschlungen, sei es, daß sie von des ver­ehrten Lehrers beredten Lippen flossen, sei es, daß sie, dem kindlichen Geist entsprechend bearbeitet, die Unterhaltungslektüre nach den Präparationen für den Untericht bildeten. Es muß dabei beachtet werden, daß Cooks und anderer Reisen und Entdeckungen damals noch viel mehr von dem Zauber der Neuheit an sich hatten, als zu unserer Zeit, wo so vieles schon früh auf den mannigfachsten Wegen Gemeingut selbst der Kinderwelt wird. Alles wurde in diesen Ideenkreis hineingezogen; eine kleine Pfütze mitten in der nahen Wiese bot die Möglichkeit der mannigfachsten geo­graphischen

Empfohlene Zitierweise:
Paul Seeberg: Aus alten Zeiten : Lebensbilder aus Kurland. J. F. Steinkopf, Stuttgart 1885, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:SeebergAusAltenZeiten.pdf/100&oldid=- (Version vom 15.9.2022)