0ZZ0898010000E nuy/2z // / IND 82 ZT 20-11-60 ǝ16006-sn-pd#asn 572 IV. Keinen kam es in den Sinn, dass man aus dem verschlossenen Magazin Getreide stehlen könute. Es war auch ein winziger Diebstahl- und so etwas merkt man nicht leicht. Als l'etro sah, dass man nirgends um den Diebstahl wusste, brachte er das Korn nach Hause. Für lange reicht es aber nicht aus. Also noch einmal stehlen gehen. Allein jetzt half ihm schon das Glück. Bei einem Herrn in der Nähe war nämlich ein Knecht fortgegangen und da hatte sich Petro in Dienst eingebeten. Er hatte beim Herrn die ganze Kost, nur nächtigen musste er zu Hause. Zu Hause war das Elend Elend geblieben, aber auch dafür sei Gott gedankt, dass sie jetzt wenigstens nicht hungern mussten. Und vou dom Diebstahl hatte man auch bis jetzt nichts erfahren. Petro beruhigte sich. Nein, er war nicht berubigt ... Schon längst war er um seine Ruhe gekommen, er hatte sie nicht mehr, seit jenor finstern Nacht, da er sich unter das Magazin geschlichen. Und nicht etwa der Diebstahl war es, der ihm quälte, nein. Daran hatte er anfangs überhaupt nicht gedacht. Aber Horpyna war's, die war gleichsam eine ganz andere goworden. Die herzlichen, liebevolleu Gespräche waren verschwunden - manchmal sprach sie jetzt kaum ein Wort zu ihm den ganzen Tag hindurch sio geht immer traurig, tieftrauig herum. Petro ging weiterfort in den Dienst, sein Weib sab er nur abends das nützte nichts. Sie ist immer schweigsam. Zuerst kam Petro jede Nacht, dann Lur noch einmal, zweimal die Woche. Denn er weiss, das ihn zu Hause niomand begrüsst, anredet dass es ihm noch schwerer wird ums Herz zu Hause. Er machte der Frau keine Vorwürfe; auch ihn quälto bereits seine Tat. Am Tage, während der un- unterbrochenen Arbeit, da fiel es noch nicht so schwer da konute man ver- gessen; aber die Nächte hindurch, wo er entweder zu Hause oder beim Herrn weilte, diese düsteren Nächte hindurch konnte er keine Ruhe finden. Denn sein Glück war verschwunden, für immer vielleicht verschwunden. Und doch war es einst da geweson, dieses Glück, solbst damals, da sie der Hunger plagte. Und nun war es ganz verschwunden. Nur in der Brust brennt's, bronnt's so sohr. Selbst eine Strafe würde nicht so treffen. Wenn sie wenigstens schelten wollte, Vorwürfe machen, allein schweigt und spricht nichts und trocknet ein wie eine Pflanze." Das war Sonntag abends. Petro sass zu Hause hinter dem Tisch und auf dem Fussboden wiegte Horpyna das Kind. Die Ampol brannte, und bei ihrem Licht sal die Frau noch matter aus als am Tag. Das Gesicht war verhärmt, die Augen eingefallen und wenn sie sie von der Wiege erhob, flammte in ihnen irgendeine Qual auf. Das Leid presste Petro das Herz zusammen. Er stand auf, trat näher und sotzte sich zu ihr hin. Horpyna!" Schweigend erhob sie die traurigen Augen zu ihm. ,Horpyna, wie lange worden wir uns so abquälen? . . ." Seine Stimme überschlug sich: wio mit Zangen drückte es ihm die Kohle zu. Und sie schwieg noch immer. Petro beherrschto sich kaum und meinte: ,Wir gehen beide zu Grunde... Die Seele ist schon ganz erstorben.. Sag du mir, was du im Sinn hast, sag es mir, denn wie lange sollen wir noch so leben?" Wieder sah sie zu ihm aus ihren eingefallenen Augen auf, dann senkto sie stumm den Blick. Und Petro schien es, dass ihm dieser Blick bis ins Herz hinein drang und es wie mit einem Messer entzweischnitt. Digitized by Google Original from INDIANA UNIVERSITY
: Ruthenische Revue, Jahrgang 2.1904. Verlag der Ruthenischen Revue, Wien 1904, Seite 572. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:RuthenischeRevue1904SelectedPages.pdf/484&oldid=- (Version vom 19.6.2022)