Und dann ging er hinaus, zündete alle Lichter in der ganzen Wohnung an und begann in den Zimmern umherzuwandern, in einem schwer zu verstehenden Zustand.
Der Malaie kniete in dem chinesischen Kabinett vor einer goldenen Buddhastatue und ließ eifrig die Perlen des Rosenkranzes durch die Finger gleiten.
Die Stunden schleppten sich still hin, sie waren dabei so erfüllt von Furcht und Unruhe, daß jeder Klang der Uhr Zenon als ein furchtbares Getöse ins Herz schnitt. Zuweilen trommelte der Regen an die Scheiben, zuweilen erzitterten die Bäume, und die gekrümmten kahlen Äste schimmerten in gespensterhaften Umrissen hinter den Fenstern.
Ziemlich oft schaute er im runden Zimmer nach, doch immer traf er das gleiche an; sie saßen verschaut ineinander da, in der gleichen Unbeweglichkeit. Wie zwei Bildsäulen mit lebendigen und doch bewußtlosen Blicken dämmerten sie in dem grünlichen Licht, wie unter trübem, wogendem Wasser. Zenon näherte sich ihnen, sprach zu ihnen, berührte ihre eiskalten Hände, versuchte sie aufzuheben, doch sie waren wie mit dem Fußboden verwachsen, so daß er sie trotz heftiger Anstrengung nicht von der Stelle bewegen konnte.
„Welcher von ihnen ist Yoe, welcher?“ dachte Zenon in unsagbarer Pein, doch da er es nicht entscheiden konnte, wanderte er wieder in der Wohnung herum. Er wartete immer ungeduldiger auf die Lösung dieses betäubenden Rätsels. Es schlug sechs Uhr, als endlich ein langgezogenes Stöhnen aus dem runden Zimmer herüberdrang. Zenon stürzte erregt hin, Yoe
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 230. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/230&oldid=- (Version vom 1.8.2018)