wieder erhaben und majestätisch schön wie gewöhnlich, nur seufzte sie noch stärker, während sie Tee trank, und überwachte strenger als sonst mit versteckten, lauernden Blicken Betsy; und Miß Ellen, zart und hager, wie der trockene Stengel einer Königskerze mit der letzten blassen Blüte darauf, schob sich schüchtern hinter die Schwester und schaute scheu nach dem Fauteuil des Bruders; sie setzte sich ängstlich in die Nische zwischen den Bücherschränken, wo sie ganz leise in den vergilbten Blättern einer Bibel blätterte und sich langsam in die Betrachtung des heiligen Textes vertiefte.
Yoe spazierte mit einer Tasse in der Hand umher und musterte hin und wieder die langen Bücherreihen auf den Regalen.
Stille erfüllte das Zimmer, jene wundersame sonntägige Stille, voll von wohltuender Ruhe, als wäre sie erfüllt vom Widerhall der Kirchen, die schon leer und dunkel und doch noch voll von Widerklängen längst verstummter Lieder sind, voll von verwehenden Düften, voll von irrenden Seufzern, voll von jener Stimmung der Gebetsekstasen und zugleich der Langeweile und Schläfrigkeit.
Alle versanken in schweigendes, schläfriges Nachdenken, nur Dick wachte und huschte ab und zu ohne Geräusch vorüber und reichte Tee herum.
Zenon und Betsy, die nebeneinander auf einem großen, die Hälfte der Wand einnehmenden Sofa saßen und darin fast verschwanden, flüsterten, eng aneinandergeschmiegt, fern von ihrer Umgebung, nur mit sich selbst beschäftigt, heiße Liebesworte und blickten sich mit weltentrückten Blicken an.
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/074&oldid=- (Version vom 1.8.2018)