„Wie? Aber ich habe Sie dort doch gesehen, wir alle haben Sie gesehen …“
„Es kann sein, aber ich war nicht dort.“ Ihre Augen blitzten zornig auf.
„Ich lüge auch nicht,“ flüsterte er heftig und stolz.
„Ich glaube es … Aber …“ Sie schaute zu dem Mahatma hin, verstummte und ging fort.
Er spielte nicht weiter, er war von ihren Worten erschüttert. Er verstand den Grund nicht, weswegen sie es bestritt, er hatte sie doch dort gesehn, alle hatten sie gesehn, und sie bestritt es …
Er sagte zu Yoe, daß er ihn in der Wohnung erwarte, und ging hinaus, mit einer steifen Verbeugung vor Daisy; sie grüßte nicht wieder und tat, als bemerke sie ihn nicht, sie saß da, mit zusammengezogenen Brauen, ganz in den indischen Schal gehüllt, düster und rätselhaft, er wendete sich an der Tür und fing einen Blick ihrer Augen auf, die ihm folgten, dieser Augen, voll von einem feuchten Schimmer, voll von Nachdenklichkeit und einer quälenden, stummen und demütigen Bitte.
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/063&oldid=- (Version vom 1.8.2018)