als schaue er in weite, unsichtbare Fernen, voll von Traumvisionen, deren man sich nicht mehr erinnern kann, und bemühte sich vergebens, auch nur ein Bild zusammenzusetzen, auch nur einen Gedanken herauszuschälen aus diesen wirr umherflatternden Fetzen unter seiner Schädeldecke; er versank im immer dichteren Nebel des Vergessens; der Rest der blassen, verschwindenden Erinnerung zerstob, als er ihn fassen wollte, diese letzten Strahlen erloschen, es blieb nur eine dumpfe, schmerzliche Sehnsucht nach dem, was versunken war in ungekannte Tiefen, so daß er die Augen weit öffnete, als wäre er von neuem erwacht, dann alle anschaute und aufstand.
„Ich bin so merkwürdig müde und erschöpft, daß ich mich kaum auf den Beinen zu halten vermag,“ klagte er traurig.
„Geh, leg dich schlafen,“ flüsterte ihm Yoe zu.
„Wahrhaftig, das wird das beste sein.“
„Ich will dich nach deiner Wohnung begleiten.“
„Ja, aber ich werde doch nicht auf der Treppe einschlafen.“
Er lachte fröhlich auf und ging ins Vorzimmer hinaus; doch als er schon im Begriff war, auf den Flur hinauszugehen, kehrte er um und fragte leise:
„Schläft Daisy noch?“
„Sie schläft, doch ich will sie sofort wecken gehen.“
„Ist die Seance gelungen?“
„Außerordentlich; morgen werde ich dir die Einzelheiten erzählen.“
„Aber warum bin ich eingeschlafen? Ich kann mir das nicht verzeihen.“
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/022&oldid=- (Version vom 1.8.2018)