Man kann dieses übrigens durch eine nähere Betrachtung spezieller Fälle verifizieren; hiermit ist zurzeit Herr Grondijs beschäftigt.
Daß die Masse eines Körpers von seiner Energie abhängig ist, wird manchen im ersten Moment befremden. Daher ist es von Interesse, an ein paar einfachen Beispielen zu zeigen, daß man sich in vielen Fällen von dieser Abhängigkeit leicht Rechenschaft geben kann.
Zunächst ein einziges Elektron. Für dieses läuft der gefundene Satz darauf hinaus, daß, wie schon längst bekannt, die Masse M um so größer ist, mit je größerer Geschwindigkeit sich das Elektron bewegt.
An zweiter Stelle: ein geschlossenes Gefäß, in dem sich ein Gas befindet. Wie bemerken wir beim in Bewegungsetzen dieses Systems, daß sich ein Gas im Gefäß befindet? Stellen wir uns vor, daß das Gefäß die Gestalt eines rechteckigen Parallelepipeds besitzt, und daß wir ihm in der Richtung einer der Kanten, sagen wir von links nach rechts, eine gleichmäßige Beschleunigung geben. Wir werden voraussetzen, daß die Wände an der Innenseite rauh sind, und daß also die Moleküle nach dem Stoß gegen eine Wand eine Bewegung haben, die zusammengesetzt ist aus der Translationsgeschwindigkeit der Wand und aus der Wärmebewegung. Einfachheitshalber stellen wir uns vor, das Gas sei so verdünnt, daß wir von den Stößen der Moleküle gegeneinander absehen dürfen. Hätte nun das System eine konstante Geschwindigkeit, so würden auch die Moleküle mit derselben behaftet sein, und würden die Stöße, sowohl die gegen die linke wie die gegen die rechte Wand, gleich kräftig sein, wie wenn das Gefäß[ws 1] sich nicht bewegte. Ist aber die Bewegung beschleunigt, so hat im Moment des Stoßes ein Molekül nicht die volle Geschwindigkeit der Fortbewegung des Gefäßes; es hat nämlich die Geschwindigkeit der Fortbewegung, die das Gefäß etwas früher, im Moment des letztvorangegangenen Stoßes, hatte. Man sieht leicht ein, daß dadurch die Stöße gegen die linke Wand intensiver und die gegen die rechte Wand weniger intensiv sein werden, als bei einer gleichmäßigen Bewegung der Fall sein würde. Daher kommt es, daß das Gefäß vom Gas eine resultierende Kraft nach links erleidet, und daß also die Beschleunigung eine größere Kraft erfordert als wenn das Gefäß leer wäre. Wir drücken dieses so aus, daß wir sagen, die Masse des Systems sei größer geworden. Was nun aber die Zunahme der Masse betrifft, welche nach dem Einsteinschen Satz von einer Vergrößerung der inneren Energie, d. h. von einer Verstärkung der Molekularbewegung des Gases, bedingt wird, so unterliegt es keinem Zweifel, daß man sich auch davon Rechenschaft geben kann, wenn man auf die Intensität der Stöße gegen die gegenüberstehenden Wände achtet. Man wird diese Stöße aber entsprechend den Regeln der Relativitätsmechanik behandeln müssen.
Dergleiche Bemerkungen gelten für eine Hülle, die mit schwarzer Strahlung gefüllt ist. In der Tatsache, daß letztere zur Masse des
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Gefaß
Hendrik Antoon Lorentz: Das Relativitätsprinzip. B.G. Teubner, Leipzig und Berlin 1914, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Relativitaetsprinzip_(Lorentz).djvu/31&oldid=- (Version vom 1.8.2018)