Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils zweyte Abtheilung | |
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Ich werde mich aber bey der Denkungsart des Pöbels über Geschlechtsverbindung und Liebe nicht weiter aufhalten, da diese zu allen Zeiten und in allen Ländern beynahe die nehmliche ist. Ich werde dagegen die Denkungsart der guten Gesellschaft über den angezeigten Punkt desto sorgfältiger entwickeln.
Ehe ich zu den bestimmten Nachrichten übergehe, die aus diesen Zeiten auf uns gekommen sind, will ich den Gang zu zeichnen suchen, den die Denkungsart der damahligen guten Gesellschaft über die angezeigten Gegenstände nach der Lage der Dinge überhaupt, und der beyden Geschlechter gegen einander besonders, hat nehmen müssen.
So wenig Spuren einer ausgezeichneten Achtung für das weibliche Geschlecht im Ganzen das zwölfte Jahrhundert liefert, so gewiß ist es doch, daß einige Edle den Werth einzelner Weiber geschätzt haben, welche sich durch Tugenden, die der Geist des Zeitalters anerkennen konnte, auszeichneten. Diese einzelnen außerordentlichen Weiber mußten um so stärker auf die Imagination der Männer wirken, da die
Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils zweyte Abtheilung. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1798, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ramdohr-Venus_Urania-Band_3.2.djvu/64&oldid=- (Version vom 1.8.2018)