Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils zweyte Abtheilung | |
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alles gebietenden Schönheit brachte, und der kein besonderes Verständniß voraussetzte. Der Verstand mußte daran noch mehr Antheil haben, als das Herz, und vor allen Dingen mußte ein leichter, munterer, glänzender Witz, der mit dem Ausdruck wahrer Zärtlichkeit ganz unvereinbar ist, daraus hervorleuchten.
Diese Galanterie, die oft sehr vorübergehend gegen jede Dame von hohem Range, ausgezeichneter Schönheit, und hervorstechenden Talenten angewandt wurde, [1] machte auch zuweilen den Grundstoff dauernderer[WS 1] und engerer Verbindungen aus. Weiber, die ihren Verstand und ihre Kenntnisse geltend machen wollten, und die Censur des größeren Haufens bey einer öffentlichen Ausstellung ihrer höhern Geistesbildung fürchteten, vereinigten sich mit Männern von Talent, wechselten mit ihnen im Geheimen witzige Ideen in Briefen und in der mündlichen Unterredung aus, und gaben diesen Unterhaltungen zur Erhöhung ihres Reitzes oft einen zärtlicheren Anstrich. Das Artigste, was diese Verbindungsart hervorgebracht hat, sind die lettres de Babet an Boursault.
In unsern Tagen nennt man ähnliche Verhältnisse liaisons d’esprit.
- ↑ Voiture rühmte sich: d’en avoir conté depuis le Sceptre jusqu’ à la houlette, et depuis la Coronne jusqu’ à la cale.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: dauernder (siehe Verbesserungen)
Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils zweyte Abtheilung. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1798, Seite 279. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ramdohr-Venus_Urania-Band_3.2.djvu/279&oldid=- (Version vom 1.8.2018)