Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils zweyte Abtheilung | |
|
Das Merkwürdige liegt also bloß darin, daß man sich in diesen Jahrhunderten mit Spitzfindigkeiten belustigen konnte, die uns jetzt die größte Langeweile machen. Allein man muß Vieles darauf abrechnen, daß dergleichen Gegenstände der Dialektik damahls Stoff zu Deklamationen abgaben, und in der Gesellschaft abgehandelt, von einem gewissen Ceremoniel begleitet waren. Es waren jeux d’esprit, woran aber in früheren Zeiten Herz und Imagination mehr Antheil nahmen, als sie bey uns daran nehmen würden.
Die Liebe diente damahls auf unendliche Art zur Unterhaltung: sie machte Alles schmackhaft und interessant, was ohne sie trocken und langweilig gewesen wäre. Man schrieb Pacht- und Kaufbriefe, deren Gegenstand das Herz war. Calliere schrieb eine Logik der Liebe: eine wahre Logik, worin aber die Beyspiele zur Erläuterung der vorgetragenen Sätze aus der Galanterie hergenommen sind. [1]
- ↑ Man findet sie auf der Wolfenbüttelschen Bibliothek. Rolland spricht davon, als wenn er das Werk nur vom Hörensagen kennte.
Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils zweyte Abtheilung. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1798, Seite 249. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ramdohr-Venus_Urania-Band_3.2.djvu/249&oldid=- (Version vom 1.8.2018)