Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils erste Abtheilung | |
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bestraft als Gewalt. Nur ein einziges frey- und eingebornes Weib ward als rechtmäßige Gattin anerkannt; nur die Verbindung mit ihm war Ehe, und Kinder, die nebenher gezeugt wurden, theilten weder die Pflichten noch die Vortheile derjenigen, welche das Gesetz als Repräsentanten der Familie ansah. Aber diese Matronen waren auch an eine große Eingezogenheit und an eine große Sorgfalt für den äußern Anstand, wenn sie öffentlich erschienen, gebunden. Der Mann war ihr Richter daheim: sie fanden nur bey den Anverwandten Schutz gegen seine üble Behandlung. [1] Wollten sie zur Scheidung schreiten, so mußten sie den Scheidebrief selbst vor Gericht überliefern, und ihre Schamhaftigkeit erlaubte ihnen nur selten, von diesem Mittel Gebrauch zu machen. Die Gesetze banden den Mann nicht ausdrücklich an Treue: die Ausschweifungen, die er mit ungebundenen Mädchen beging, galten nicht für Ehebruch. Solon errichtete sogar der Venus Pandemos einen Tempel, und behandelte andere unnatürlichere Ausgelassenheiten mit Nachsicht. [2]
Aus allem diesem erhellet so viel, daß die Gesetze sich nur in so fern mit der Gattin beschäftigt haben, als sie zur Gewinnung einer rechtmäßigen Nachkommenschaft wie ein unentbehrliches Werkzeug erschien. „Nimm“, sagte Solon, „ein einziges eheliches Bürgerkind zum Weibe, um Kinder zu zeugen!“ Dieß liegt
Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils erste Abtheilung. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1798, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ramdohr-Venus_Urania-Band_3.1.djvu/55&oldid=- (Version vom 1.8.2018)