Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Zweyter Theil | |
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So zeigt sich denn schon bey der Art, wie wir durch unsern Körper gefallen wollen, die Wirksamkeit des Sinnes für Vollkommenheit. Wir verschmähen nicht den Vortheil, den uns ein schöner Körper, und seine todte Form gewährt, aber wir wollen, daß nur dasjenige an diesen gefallen soll, was wirklich schön ist. Kein üppiger, lüsterner, aber unverhältnißmäßiger Bau, keine weibische Zierlichkeit soll der Geliebten Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Sie soll entweder dasjenige schön an unsern Formen finden, was wirklich männlich wohlgestaltet ist, oder wir legen gar keinen Werth auf unsere Formen. Und selbst wenn wir diesen Werth vor ihren Augen zu haben wähnen dürfen, so betrachten wir ihn mehr als ein Creditiv auf höhere Vorzüge, die sie an uns schätzen lernen wird, als wie ein unbedingtes Mittel, ihr Herz zu rühren. Vor allen Dingen suchen wir unsern Körper denjenigen Ausdruck zu geben, aus dem der edelste Theil unsers Wesens hervor leuchtet. Die Ahndung einer edeln, schönen und liebenden Seele in unsern Formen und Bewegungen darzubieten, das ist es, wornach wir vorzüglich streben, das ist es, wodurch wir vorzüglich zu gefallen hoffen.
Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Zweyter Theil. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1798, Seite 213. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ramdohr-Venus_Urania-Band_2.djvu/213&oldid=- (Version vom 1.8.2018)