Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Zweyter Theil | |
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Kräfte, die wir zum Theil nicht einmahl kennen. Sie können dem Herzen fehlen; aber da, wo sie vorhanden sind, wird das gereitzte Herz sie leichter wecken.
Der Mann kann während der liebenden Verbindung die Kenntnisse der geliebten Gattin vermehren, sie an gewisse Sitten gewöhnen, sie zu gewissen Fertigkeiten und Künsten anführen, die zur Nothdurft, zur Veredlung und Verschönerung des Lebens und der zusammengesetzten Person gehören. Aber seine Bemühung scheint glücklicher zu seyn, wenn sie nicht so wohl den ersten Unterricht, die erste Gründung dieser Stücke zu bezielen braucht, als vielmehr ihre fernere Ausbildung. Es hält schwer, Vorerkenntnisse, die an sich trocken sind, und ein leicht fassendes Gedächtniß fordern, in spätern Jahren zu erlernen; es hält noch schwerer, in diesen Jahren unsern Geist und unsern Körper zu einer gewissen bestimmten Richtung und zu einer geschmeidigen Folge zu gewöhnen, welche durch frühe Uebung am sichersten erlangt werden.
Unerlaßliche Bedingung scheint es wenigstens zu seyn, daß das Mädchen bereits von Kindheit an zu denjenigen Kenntnissen, Sitten, Fertigkeiten und Künsten angezogen sey, die erfordert werden, um seinen künftigen Stand als Hausfrau und Beförderin der örtlichen Geselligkeit nach dem Verhältnisse seiner Lage auszufüllen.
Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Zweyter Theil. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1798, Seite 190. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ramdohr-Venus_Urania-Band_2.djvu/190&oldid=- (Version vom 1.8.2018)