Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Erster Theil | |
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derjenigen Reitzung, welche wir durch die Fähigkeit, andere Gegenstände unmittelbar zu berühren und uns ihnen zu assimilieren, mittelst der Tastungsorgane und des Versetzungsvermögens erhalten. Was steht ihr zunächst entgegen? Unstreitig die Antipathie. Diese ist ihre unmittelbare Gegenfüßlerin.
Antipathie ist der Inbegriff derjenigen Triebe, die uns unmittelbar von der Berührung anderer Gegenstände und von der Assimilation mit ihnen abneigen. Sie ist keinesweges einerley mit der abneigenden Wirksamkeit des Beschauungs- und des Zueignungsvermögens. Die Antipathie setzt zum Voraus, daß die Kräfte, mit denen wir andere Körper betasten, und uns in ihren Zustand hineinversetzen, in eine abstoßende Wirksamkeit kommen, und daß wir alle Mittel anwenden, uns der Sympathie mit jenen Körpern und Wesen zu erwehren, die sich den Tastungsorganen und dem Versetzungsvermögen auf eine widrige Art aufdringen.
Körper, vor deren Berührung wir zurückschaudern, wenn sie uns gleich nicht schaden können; colorierte Wachsfiguren, die den Schein des Lebens zeigen, erwecken Antipathie. Antipathie empfinden wir gegen Affen, die mit dem Menschen in ihren Neigungen und Gewohnheiten Aehnlichkeit genug haben, um uns zur Assimilation mit ihrem Wesen und Zustande aufzufordern. Aber es geschieht auf eine so widrige Art, daß wir der sympathetischen Empfindung gegen sie aus allen Kräften entgegenarbeiten,
Antipathie empfinden wir gegen Menschen, die Affen darin ähnlich sind, daß wir mit ihnen nichts gemein haben mögen. Wir empfinden sie auch gegen solche, die, wenn wir ihrer müde geworden sind, uns dennoch
Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Erster Theil. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1798, Seite 282. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ramdohr-Venus_Urania-Band_1.djvu/282&oldid=- (Version vom 1.8.2018)