Anonym (d. i. Johann Friedrich Ernst von Brawe): Raisonnirendes Theaterjurnal von der Leipziger Michaelmesse 1783 | |
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zerrte er am Dolch, ohne ihn herauszubringen, und wie unnatürlich stieß er ihn endlich Otton, da er fast drey Schritte hinter jenem stand, von vorne, und oberwärts, in die linke Brust? Warum nicht von hinten zu gerade in die Herzcammer? Hier mußte ja der Stoß leichter den tödlichen Flek treffen, als wenn der Dolch erst durch den Brustknochen durchzudringen hatte. – Ich sahe Herr Reineken bey diesem Vorgang in die Augen, und glaubte zu bemerken, daß die Maladresse seines Mörders ihn sehr embaraßire. Wahr ists, dergleichen Ermordungen machen die schwersten Attituden auf der Bühne; aber dafür sind ja die Proben, daß jeder Acteur in selbigen difficile Maniemens erst so offt wiederhohlt vornehmen kann, bis sie ihm geläufig werden. Dies hätte Herr Kaseliz nur auch thun, und dabey Herrn Reineke zu Rathe ziehen, dürfen, der würde ihn gewiß zurechtgewiesen haben. Denn gerade da, wo Otto, nach dem empfangnen Dolchstich, ehe er sank, beyde Hände hinhielt,
Anonym (d. i. Johann Friedrich Ernst von Brawe): Raisonnirendes Theaterjurnal von der Leipziger Michaelmesse 1783. Jacobäer, Leipzig 1784, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Raisonnirendes_Theaterjurnal_von_der_Leipziger_Michaelmesse_1783.djvu/134&oldid=- (Version vom 1.8.2018)