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Seite:Prodromos (Altenberg).djvu/190

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jeher den Schlafenden für einen Gestorbenen. Er ist unfähig für das Lebendigsein, noch nicht reif, noch nicht parat. Ich hatte immer tiefstes Mitgefühl, wenn das Leben ausrasten wollte vom Leben! Nun wirst du die Stunden einbringen, arme Mama, mit Zinsen und Zinseszinsen!“

Am Tage des Leichenbegängnisses sahen alle ganz unausgeschlafen aus, gelb, verwittert, schlaff, wie vorzeitig gealtert. Sogar der Hausmeister und die Hausmeisterin, die die Sache nichts anging, sahen verfallen aus.

Die Tote im Sarge hatte ein ganz friedevolles Antlitz.

Die Tochter liess am nächsten Morgen das Speisezimmer usw. usw. bürsten, klopfen, reinigen, die Teppiche mit Kraut natürlich.

„Wenn Mama es noch sehen könnte – – –“ fühlte sie.


* * *


Dokument.

Ich sah wie du gingst, schleichend schleifend gleitend, mit weiten Schritten, der Oberkörper sanft nachgebend der Bewegung. Da liebte ich dich!

Ich sah deine wunderbaren schmalen Hände mit den leichten langen adeligen Fingern auf der Sessel-Lehne lässig lehnen, schwebend, wie Schmetterlinge noch fast im Fluge auf Blütendolden sitzen. Da liebte ich dich!

Ich sah dich sanft dich bücken und in unerhörter

Empfohlene Zitierweise:
Peter Altenberg: Pròdromos. Berlin 1906, Seite 190. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Prodromos_(Altenberg).djvu/190&oldid=- (Version vom 1.8.2018)