Wer anmutig ist, kann nicht ganz schlimm sein!
Rancune haben nur die Missgestalteten!
Wer mitbekommen hat, was nötig ist, kann nicht allzu boshaft sein! Er ist versöhnt mit dem Schicksal!
Was einem Menschen versagt ist an Idealen, das gleicht er aus durch Böswilligkeiten an anderen! Er rächt sich an den anderen für das, was er zu wenig mitbekommen hat!
Sein „nicht Cocquelin-mässig französisch-sprechen“ müssen die anderen büssen! Wer „ideal“ schreitet, schreitet scheinbar „affektiert“; denn das gebräuchliche Schreiten ist „Plumpheit“ und „Schwerfälligkeit“ – –.
Gutmütig kann nur der Vollwertige sein!
Er hat innerlich niemanden zu beneiden!
Er ist, der er ist und überhaupt sein kann!
Er ist in gewisser Beziehung sein eigenes vollendetes Ideal! Sein restlos erfülltes eigenes Schicksal! Aber die anderen sind Rudimente ihrer eigenen Möglichkeiten! Das frisst an ihnen wie ein Krebs. Sie trauern um sich selbst! Sie sind verzweifelt über die, die wenigstens das sein können, was sie sind! Sie hassen die, die wenigstens das sind, was ihnen gnadenweise vom Schicksale beschieden wurde! Den lieb haben können, der mehr kann als man selbst, ist „Menschlichkeit“! Ich liebe „Maeterlinck“, „Strindberg“, „Zola“, „Hamsun“, „Ibsen“, „Gorki“ etc. etc.!
Peter Altenberg: Pròdromos. Berlin 1906, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Prodromos_(Altenberg).djvu/062&oldid=- (Version vom 1.8.2018)