zu geben. Von der Heraussetzung des Inhalts in eine von der Erkenntnis ganz unabhängige Wirklichkeit weiß also diese Art der Objektivierung noch nichts – sondern ihr handelt es sich nur darum, den Inhalt, an dem sie sich vollzieht, für die Erkenntnis zu fixieren und ihn im Wechsel und Wandel der Eindrücke für das Bewußtsein als ein sich selbst Gleiches und Wiederkehrendes zu kennzeichnen. „Durch die logische Objektivierung, die sich in der Schöpfung des Namens verrät, wird daher der benannte Inhalt nicht in eine äußere Wirklichkeit hinausgerückt; die gemeinsame Welt, in welcher andere ihn, auf den wir hinweisen, wiederfinden sollen, ist im allgemeinen nur die Welt des Denkbaren; ihr wird hier die erste Spur eines eigenen Bestehens und einer inneren Gesetzlichkeit zugeschrieben, die für alle denkenden Wesen dieselbe und von ihnen unabhängig ist.“
Und jetzt knüpfen sich an diese erste Fixierung irgendwelcher, durch das Denken und die Sprache erfaßbarer Qualitäten weitere Bestimmungen an, in denen sie miteinander zu gewissen Verhältnissen zusammentreten, in denen sie sich zu Ordnungen und Reihen zusammenfügen. Die einzelne Qualität besitzt nicht nur an sich selbst ein identisches „Was“, einen eigentümlichen Bestand, sondern sie ist kraft desselben auf andere bezogen – und auch diese Beziehung ist nicht willkürlich, sondern weist eine eigentümliche objektive Form auf. Aber auch diese letztere können wir, obwohl wir sie als solche erkennen und anerkennen, dennoch den Einzelinhalten nicht als ein Selbständiges und Ablösbares gegenüberstellen, sondern sie nur an ihnen und in ihnen aufweisen. Fassen wir mehrere Inhalte, nachdem wir sie als solche fixiert und benannt haben, zur Form einer Reihe zusammen, so scheint damit zugleich ein Gemeinsames gesetzt, das sich in den Einzelgliedern der Reihe spezifiziert, das sich in ihnen allen, jedoch in jedem von ihnen mit einem eigentümlichen Unterschied behaftet, darstellt. Dieses erste Allgemeine ist jedoch, wie Lotze betont, von wesentlich anderer Art, als es die gewöhnlichen Gattungsbegriffe der Logik sind. „Den Allgemeinbegriff eines Tieres oder einer geometrischen Figur teilen wir einem anderen dadurch mit, daß wir ihm vorschreiben, eine genau angebbare Reihe von Denkhandlungen der Verknüpfung, Trennung oder Beziehung an einer Anzahl als bekannt vorausgesetzter Einzelvorstellungen auszuführen; am Ende dieser logischen Arbeit werde vor seinem Bewußtsein derselbe Inhalt stehen, den wir ihm mitzuteilen wünschten. Worin dagegen das allgemeine Blau bestehe, das wir im Hellblau und Dunkelblau, oder worin die allgemeine Farbe, die wir in Rot und Gelb mitdachten, läßt sich nicht auf demselben Wege verdeutlichen …
Ernst Cassirer: Philosophie der symbolischen Formen, erster Teil. Bruno Cassirer Verlag, Berlin 1923, Seite 248. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Philosophie_der_symbolischen_Formen_erster_Teil.djvu/264&oldid=- (Version vom 9.2.2023)