Philon: Ueber Belohnungen und Strafen (De praemiis et poenis) übersetzt von Leopold Cohn | |
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Eltern um die Kinder und Brüder um die Brüder sich nicht kümmern (ebd. V. 37)[1], weil sie von gegenseitiger Hilfe nur ihre Niederlage erwarten und ein jeder sein Heil nur in schleuniger Flucht voreinander sucht. 149 Die Hoffnungen schlechter Menschen gehen aber nicht in Erfüllung: die entronnen zu sein glauben, werden eher noch oder nicht minder als die vorher Gefangenen überwältigt werden. Und wenn manche doch (den Feinden) entgehen, so werden sie in den Hinterhalt ihrer natürlichen Feinde fallen: dies sind die an und für sich gut gerüsteten ganz wilden Tiere (ebd. V. 22), die Gott bei der ersten Schöpfung des Alls geschaffen hat zum Schrecken für die Menschen, die sich warnen lassen, und zu unvermeidlicher Strafe für unverbesserliche Sünder. 150 Die Menschen werden beim Anblick der von Grund aus zerstörten Städte es nicht glauben wollen, dass sie jemals bestanden haben (ebd. V. 31.32). Sprichwörtlich gebrauchen wird man die nach glänzender Glückslage plötzlich eingetretenen Unglücksschläge (5 Mos. 28,37), sowohl die (in der heiligen Schrift) verzeichneten als die nicht verzeichneten (ebd. V. 61)[2]. 151 Bis in die Eingeweide wird die Auszehrung eindringen und Missmut, Angst und schweren Druck hervorrufen. Unsicher wird das Leben sein und wie an einer Schlinge hängend, das die rasch aufeinander folgenden Schrecken bereiten werden, die bei Tag und Nacht die Seele hin- und herschütteln, sodass sie in der Frühe den Abend und am Abend den Morgen herbeiwünscht wegen der sichtbaren Leiden im Wachen und der entsetzlichen Traumvorstellungen im Schlafe (ebd. V. 66.67). 152 Der Proselyt wird vom Glück hoch emporgehoben werden und in hohem Ansehen stehen, bewundert und selig gepriesen wegen zweier Vorzüge, weil er zu Gott übergetreten ist und als passenden Lohn empfangen hat den sicheren Platz im Himmel, von dem man nicht sprechen darf, der Adlige[3] dagegen, der seinen Adelscharakter verfälscht hat, wird in die tiefste Tiefe, in die Unterwelt und in die
Philon: Ueber Belohnungen und Strafen (De praemiis et poenis) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1910, Seite 420. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonPraemGermanCohn.djvu/042&oldid=- (Version vom 4.10.2017)