Philon: Ueber Belohnungen und Strafen (De praemiis et poenis) übersetzt von Leopold Cohn | |
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wirft[1], durch die „Lähmung“ aber die Einschränkung des Dünkels, der in Ueberhebung und Aufgeblasenheit besteht. 48 Nichts ist aber von solchem Nutzen, als wenn die losgelassenen zügellosen Triebe zurückgedrängt und lahmgelegt werden und die geistige Spannkraft verlieren, damit die übermässige Macht der Leidenschaften geschwächt wird und breiteren Raum gewährt dem besseren Teile der Seele.
49 Es muss auch noch in Betracht gezogen werden, dass der Preis, der einem jeden von den dreien zuerkannt wurde, für ihn sehr passend ist: für den Mann, der durch Belehrung zur Vollkommenheit gelangt ist, das Vertrauen (auf Gott), weil doch der Lernende auf den Lehrenden sein Vertrauen setzen muss in allem, worin dieser ihn unterweist; denn es wäre schwierig, ja unmöglich einen, der das Vertrauen nicht hat, zu unterrichten. 50 Für den, der durch eigene natürliche Veranlagung zur Tugend gelangt, die Freude; denn erfreulich sind die gute Begabung und die Geschenke der Natur, da die Seele Freude empfindet über die treffenden und scharfsinnigen Einfälle, durch die sie mühelos das findet, was sie sucht, wie wenn eine innere Stimme es ihr zuflüsterte; die rasche Lösung schwieriger Fragen macht ja stets Freude. 51 Für den endlich, der durch beständige Uebung Einsicht gewinnt, das Schauen (Gottes); denn nach der praktischen Lebensführung in der Jugend ist das theoretische Leben im Alter wertvoll und hochheilig; Gott stellt es gleichsam als Steuermann ans hintere Ende (des Lebensschiffes) und händigt ihm das Steuer ein, weil es die Fähigkeit besitzt die irdischen Dinge zu lenken; denn ohne wissenschaftliche Begründung kann keine Handlung sittlich gut genannt werden.
52 (9.) Nur noch eines Mannes will ich gedenken, um nicht weitschweifig zu werden, und mich dann zu dem folgenden Abschnitt wenden. Es ist der Mann, der die heiligen Kämpfe bestanden hat und als gekrönter Sieger aus ihnen hervorgegangen ist. Ich verstehe aber unter „heiligen“ nicht die, die bei der
- ↑ In der Septuaginta ist כף־ירך durch τὸ πλάτος τοῦ μηροῦ übersetzt, τὸ πλάτος bedeutet aber eigentlich „die Breite“. Zur allegorischen Bedeutung vgl. de somn. I § 130 ff.
Philon: Ueber Belohnungen und Strafen (De praemiis et poenis) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1910, Seite 395. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonPraemGermanCohn.djvu/017&oldid=- (Version vom 2.10.2017)