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Seite:PhiloOpifGermanCohn.djvu/65

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Philon: Ueber die Weltschöpfung (De opificio mundi) übersetzt von Joseph Cohn

geworden waren, sofort. Die Frau musste starke Beschwerden auf sich nehmen, die Schmerzen bei den Geburten und die wechselnden Sorgen während ihres übrigen Lebens, besonders bei der Geburt und beim Aufziehen der Kinder, sowohl wenn sie erkranken als wenn sie gesund sind, wenn sie Glück und wenn sie Unglück haben; sodann den Verlust der Freiheit und die Abhängigkeit von dem Ehemanne, dessen Befehlen sie gehorchen muss. Der Mann andererseits (erhielt zur Strafe) die Arbeiten, Mühsale und beständigen Anstrengungen zur Herbeischaffung der Lebensbedürfnisse und den Verlust der von selbst kommenden guten Gaben, die die Erde bisher ohne die Kunst des Landmannes hervorgebracht hatte; denn nun musste er selbst die unablässigen Arbeiten zum Erwerbe des Lebensunterhaltes und der Nahrung übernehmen, um nicht durch Hunger umzukommen. 168 Ich meine nämlich: gleichwie die Sonne und der Mond immer leuchten, nachdem es ihnen einmal, gleich bei der ersten Entstehung des Weltalls, befohlen war, und wie sie dieses göttliche Gebot deswegen [41 M.] genau beobachten, weil die Sünde aus den Himmelsgrenzen verbannt ist, ebenso würde auch der fruchtbare und ertragreiche Erdboden ohne die Kunst und Mitwirkung von Ackersleuten reiche Ernten in den einzelnen Jahreszeiten tragen; nun aber, da das Laster anfing über die Tugenden zu triumphieren, wurden die ewig sprudelnden Quellen der göttlichen Gnade gehemmt, damit sie nicht etwa Unwürdigen zugute käme. 169 Eigentlich hätte das Menschengeschlecht, wenn es die gerechte Strafe erleiden sollte, wegen seiner Undankbarkeit gegen Gott, seinen Wohltäter und Retter, vertilgt werden müssen. Aber da Gott seinem Wesen nach gnädig ist, so milderte er aus Erbarmen die Strafe, indem er das Menschengeschlecht bestehen liess und ihm nur die Nahrung nicht mehr in derselben Weise fertig zum Genuss gewährte, damit die Menschen nicht infolge zweier Uebel, Müssiggang und Ueberfluss, in Sünde und Frevel gerieten.

[61.] 170 So war das Leben der ersten Menschen, die anfangs in Unschuld und Einfalt lebten, später aber die Sünde der Tugend vorzogen. In dem hier besprochenen Bericht über die Weltschöpfung gibt uns Moses mancherlei Lehren,

Empfohlene Zitierweise:
Philon: Ueber die Weltschöpfung (De opificio mundi) übersetzt von Joseph Cohn. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloOpifGermanCohn.djvu/65&oldid=- (Version vom 9.9.2019)