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Seite:PhiloOpifGermanCohn.djvu/58

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Philon: Ueber die Weltschöpfung (De opificio mundi) übersetzt von Joseph Cohn

denn insofern er auf Erden wohnt und wandelt, ist er ein Lebewesen des Landes, insofern er untertaucht und schwimmt und häufig das Meer befährt, ein Bewohner des Wassers – Kauffahrer, Schiffsherren, Purpurfischer und alle, die auf Austern- und Fischfang ausgehen, sind ein deutlicher Beweis dafür –; insofern aber der Körper von der Erde emporsteigt und sich in die Höhe schwingt, darf man den Menschen einen Luftwanderer nennen; endlich aber ist er auch ein Himmelsbewohner, da er durch das Sehvermögen, den vorzüglichsten der Sinne, der Sonne, dem Monde und jedem andern Gestirne, den Planeten und Fixsternen, sich nähert[1].

[52.] 148 Treffend schreibt er auch dem ersten Menschen die Namengebung zu; denn Sache der Weisheit und Königswürde ist dies; ein Weiser aber war er durch Selbstunterricht und durch eigene Belehrung, da er von Gottes Hand geschaffen war, und auch ein König; dem Herrn aber kommt es zu, jedem seiner Untergebenen einen Namen zu geben. Eine ausserordentliche Herrschermacht umgab aber natürlich [36 M.] den ersten Menschen, den Gott mit Sorgfalt gebildet und des zweiten Ranges gewürdigt hat, indem er ihn zu seinem Statthalter und zum Herrn über alle übrigen Geschöpfe einsetzte, da doch auch die um so viele Generationen später lebenden Menschen, wiewohl unser Geschlecht infolge des langen Zeitraumes schon sehr geschwächt ist, nichtsdestoweniger noch über die unvernünftigen Geschöpfe gebieten und gleichsam die vom ersten Menschen überkommene Fackel der Herrschermacht bewahren[2]. 149 Er sagt also, dass Gott alle Tiere zu Adam hinführte, da er sehen wollte, welchen Namen er jedem

Empfohlene Zitierweise:
Philon: Ueber die Weltschöpfung (De opificio mundi) übersetzt von Joseph Cohn. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloOpifGermanCohn.djvu/58&oldid=- (Version vom 9.9.2019)
  1. Die zuletzt erwähnte Eigenschaft des Menschen bezieht sich auf das vierte Element, das Feuer, weil der Aether oder Himmel in der antiken Vorstellung als aus Feuer bestehend gedacht wurde.
  2. Das Bild ist hergenommen von dem Fackelwettlauf, der verschiedenen Göttern zu Ehren (besonders in Athen) veranstaltet wurde, und bei dem es darauf ankam, eine Fackel noch brennend zuerst ans Ziel zu bringen; die einzelnen Teilnehmer der wettkämpfenden Parteien waren in bestimmten Entfernungen aufgestellt und ein jeder hatte im schnellsten Lauf seine Fackel, ohne sie ausgehen zu lassen, dem nächsten zu übergeben. Aehnlich wie diese Fackelträger vererben gewissermassen die Menschen die göttliche Fackel ihrer Herrschaft über die anderen Geschöpfe ihren Nachkommen.