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Seite:PhiloHerGermanCohn.djvu/63

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Philon: Der Erbe des Göttlichen (Quis rerum divinarum heres sit) übersetzt von Joseph Cohn

und alleinstehend, unter die Masse der geschaffenen und der Vernichtung anheimfallenden Wesen mischt er sich nicht, sondern ist gewohnt, immer hochzusteigen, und darauf bedacht, nur eines Einzigen Diener zu sein. Unteilbar sind also diese beiden Wesen, das der Denkkraft in uns und das des göttlichen Logos über uns, aber während sie selbst unteilbar sind, teilen sie unzählig vieles. 235 Denn der göttliche Logos hat alle Dinge in der Natur geteilt und zerlegt, und unser Verstand teilt alle Sachen und Körper, die er denkend erfaßt, in unendlich viele Teile und hört nicht auf zu zerlegen. 236 Das geschieht (bei beiden) wegen ihrer Ähnlichkeit mit dem Schöpfer und Vater des Alls. Denn die Gottheit, die unzusammengesetzt und ungemischt, völlig unteilbar ist,[1] ist für die ganze Welt die bewirkende Ursache der Mischung, Vereinigung, Trennung und Teilbarkeit, und daraus folgt, daß auch die ihr ähnlichen Wesen, der Geist in uns und der über uns, obwohl sie ohne Teile und unteilbar sind, jedes einzelne der existierenden Dinge zu teilen und zu zerlegen imstande sein werden.

[49] 237 Nach den Worten über die nicht geteilten und zerlegten Vögel sagt die Schrift weiter: „Es kamen aber Vögel herab auf die Körper, die entzweigeschnittenen“ (1 Mos. 15, 11); sie bedient sich hier desselben Ausdrucks,[2] erklärt aber ganz deutlich denen, die sehen können, den sachlichen Unterschied. Denn wider die Natur ist es, daß Vögel herabsteigen, da sie beflügelt wurden, um hochzufliegen. 238 Gleichwie die Erde der geeignetste Aufenthaltsort ist für die Landtiere und ganz besonders für die Kriechtiere, die sich fortwinden und nicht einmal über sie emporheben können, auch wegen ihrer Verwandtschaft mit dem Niederen die Erdoberfläche meiden und Höhlen und Schlupflöcher aufsuchen, ebenso ist die ihrem Wesen nach leichte Luft der geeignete Wohnort für die ihres Gefieders wegen leichten Vögel. Wenn also die Luftbewohner,[3] die durch den Äther ziehen sollen, herabsteigen, so können sie, auf das Land gekommen, kein naturgemäßes Leben[4] führen. 239 Dagegen

Empfohlene Zitierweise:
Philon: Der Erbe des Göttlichen (Quis rerum divinarum heres sit) übersetzt von Joseph Cohn. H. & M. Marcus, Breslau 1929, Seite 276. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloHerGermanCohn.djvu/63&oldid=- (Version vom 4.8.2020)
  1. Philo entfernt sich hier sehr weit von dem durchaus materialistischen Gottesbegriff der Stoa und nähert sich der Lehre des Aristoteles von dem „unbeweglichen, von allem Sinnlichen gesonderten Gotte“ (Met. XII 7, 1073 a 4). I. H.
  2. Im hebr. Urtext, den Philo nicht kennt, steht ein anderer Ausdruck, nämlich העיט‎ die Raubvögel, vgl. oben § 128 Anm.
  3. Die Seelen oder Engel, vgl. Über die Riesen § 12ff. und Anm.
  4. Das Gebot „naturgemäßer Lebensführung“ gilt auch für die Tiere: Sto. Vet. Fgm. III 494.