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Seite:PhiloHerGermanCohn.djvu/57

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Philon: Der Erbe des Göttlichen (Quis rerum divinarum heres sit) übersetzt von Joseph Cohn

durch die Mitteilung, daß „Er[1] die Stücke einander gegenüberlegte“ (1 Mos. 15, 10). Denn in der Tat ist fast alles in der Welt gegensätzlich. 208 Anzufangen[2] aber wäre mit den Elementen. Das Warme ist dem Kalten entgegengesetzt, das Trockene dem Feuchten, das Leichte dem Schweren, die Finsternis dem Licht, die Nacht dem Tage, und am Himmel die Bewegung der Fixsterne der der Planeten, in der Luft Heiterkeit der Bewölkung, Windstille den Winden, Winter dem Sommer, Herbst dem Frühling – in diesem blühen ja die Erdgewächse, in jenem verwelken sie – und ferner vom Wasser das süße dem bittern und vom Lande das unfruchtbare dem fruchtbaren. 209 Und im übrigen sind offensichtliche Gegensätze: Körper- und Unkörperliches, Beseeltes und Unbeseeltes, Vernünftiges und Unvernünftiges, Sterbliches und Unsterbliches, sinnlich Wahrgenommenes und Gedachtes, klare, richtige Vorstellungen und undeutliche, Elemente und Vollendetes,[3] Anfang und Ende, Werden und Vergehen, Leben und Tod, Krankheit und Gesundheit, weiß und schwarz, rechts und links, Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, Einsicht und Unverstand, Tapferkeit und Feigheit, Mäßigung und Zuchtlosigkeit, Tugend und Laster und alle besonderen Arten der erstern gegenüber denen des letzteren. 210 Ferner Gelehrt- und Ungelehrtsein, Schönheitssinn und Mangel daran, Bildung und Unbildung, überhaupt Kunst[4] und Kunstlosigkeit. Ebenso[5] die in den (einzelnen) Künsten (anerkannten Gegensätze): Vokale und Konsonanten[6], hohe und tiefe Töne, gerade und kreisrunde Linien. 211 Und bei den Tieren und Pflanzen unfruchtbare und fruchtbare, viel- und weniggebärende, Eier legende und lebendige Junge hervorbringende, Mollusken und Schaltiere, wilde und zahme, einzeln und herdenweis lebende. 212 Und ferner: Armut und Reichtum, Ruhm und Ruhmlosigkeit, niedrige und edle Abstammung, Not und Überfluß, Krieg und Frieden, Gesetz und Gesetzlosigkeit, Wohlgestalt

Empfohlene Zitierweise:
Philon: Der Erbe des Göttlichen (Quis rerum divinarum heres sit) übersetzt von Joseph Cohn. H. & M. Marcus, Breslau 1929, Seite 270. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloHerGermanCohn.djvu/57&oldid=- (Version vom 4.8.2020)
  1. S. § 130.
  2. Die Interpunktion der kritischen Ausgabe vor ἀρκτέον ist zu schwach.
  3. ἀποτελέσματα sind die aus den vier Elementen στοιχεῖα geschaffenen Dinge, die vollendeten Schöpfungswerke.
  4. Τέχνη schließt auch die Wissenschaft ein, ebenso im folgenden.
  5. Nach ἀτεχνία ist Semikolon zu setzen; im folgenden werden die von den einzelnen Wissenschaften (Sprachwissenschaft, Mathematik, Biologie) Aufgestellten Gegensatzpaare aufgezählt. I. H.
  6. Vgl. Über die Landwirtsch. § 136, Über die Pflanzung Noahs § 10 u. Anm.