Philon: Über die Riesen (De Gigantibus) übersetzt von Hans Leisegang | |
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(Dingen) ausgeliefert. 38 Die aber bei Sinnen sind, erklären die blendenden und vielbegehrten Glücksfälle für Untertanen des Geistes als ihres Führers und nehmen sie, wenn sie sich von selbst nahen, zur Wiederaufrichtung an; bleiben sie aber weit entfernt, so „gehen“ sie nicht „heran“, da sie auch ohne sie glücklich leben können. 39 Wer aber hingeht und (ihnen) auf dem Fuße folgen will, erfüllt die Philosophie mit schmählichem Wahn.[1] Deshalb heißt es „die Scham zu entblößen“. Ist denn etwa die Schmach derer nicht sichtbar und offenkundig, die sich zwar Weise nennen, die Weisheit aber feilbieten und billig losschlagen, wie es von denen heißt, die auf dem Markte die Waren ausschreien, bald um einen geringen Gewinn, bald um ein angenehmes und liebenswürdiges Wort, bald um eine unsichere, auf keinen Grund gestützte Hoffnung, oder gar um Versprechungen, die sich in nichts von Träumereien unterscheiden? [10] 40 Das folgende „Ich, der Herr“ aber ist schön und sehr lehrreich gesagt. Stelle nämlich, meint er, mein Bester, das Gut des Fleisches dem der Seele und dem Gute des Alls gegenüber. Es ist doch wohl das (Gut) des Fleisches die unvernünftige Lust, das der Seele aber und des Alls der Allgeist, die Gottheit. 41 Umstreitbar ist wohl der Vergleich so unvergleichbarer Dinge,[2] so daß man sich bei ihrer großen Ähnlichkeit täuschen könnte. Es sei denn, daß einer sagen wollte, es sei in Wahrheit auch das Beseelte dasselbe wie das Unbeseelte, das Vernünftige wie das Unvernünftige, das Geordnete wie das Ungeordnete, das Überflüssige wie das Ausreichende, wie das Licht die Finsternis, der Tag wie die Nacht und alles Entgegengesetzte wie sein Gegenteil. 42 Und wenn auch diese Dinge, sofern sie nur geworden sind, eine gewisse Gemeinsamkeit und Verwandtschaft haben, so ist doch Gott auch nicht dem besten der Geschöpfe ähnlich, da dies geworden ist und leiden muß, er aber ungeworden ist und immer wirkt. 43 Es ist aber gut, nicht aus der Ordnung Gottes herauszutreten, in der alle Eingeweihten tapfer sein müssen, und überzulaufen zu der feigen und verschrieenen Lust, die ihren Freunden schadet, ihren Feinden aber nützt. Ganz außergewöhnlich nämlich ist ihre Natur. Die, denen sie an ihren eigenen Gütern Anteil geben wollte, bestraft sie sogleich, denen aber, denen sie (welche) nehmen (wollte), nützt sie am meisten. 44 Wenn also, meine Seele, eine der Verlockungen der Lust
Philon: Über die Riesen (De Gigantibus) übersetzt von Hans Leisegang. H. & M. Marcus, Breslau 1923, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloGigGermanLeisegang.djvu/14&oldid=- (Version vom 14.9.2022)