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Seite:PhiloAbrGermanCohn.djvu/32

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Philon: Ueber Abraham (De Abrahamo) übersetzt von Joseph Cohn

regierende; die schöpferische heisst „Gott“, denn mit dieser hat er das All (ins Dasein) gesetzt und eingerichtet, die regierende „Herr“, denn es ist billig, dass der Schöpfer über das Geschöpf herrscht und regiert[1]. 122 Begleitet also von diesen beiden Kräften, zeigt der Mittlere dem schauenden Geiste bald die Erscheinung eines Einzigen bald die von dreien; die Vorstellung von dem Einen nämlich, wenn er (der schauende Menschengeist) im höchsten Grade geläutert ist und nicht nur an der Menge der Zahlen, sondern auch an der Nachbarin der Eins, an der Zwei, vorüberziehend zu der ungemischten, nicht zusammengesetzten, für sich durchaus keines andern bedürftigen Idee sich emporschwingt, die Vorstellung von dreien dagegen, wenn er noch nicht in die grossen Mysterien eingeweiht ist und nur erst die geringeren Grade kennt und „das Seiende“ aus ihm allein ohne Mithilfe eines andern nicht zu begreifen vermag, sondern nur aus dessen Wirkungen, als ein schaffendes oder regierendes Wesen. 123 Diese ist nun wohl, wie man zu sagen pflegt, „zweite Fahrt“[2], sie steht aber nichtsdestoweniger in Verbindung mit gottwohlgefälliger Meinung; die andere Vorstellungsart dagegen hat nicht nur Verbindung mit ihr, sondern ist selbst gottgefällige Meinung oder richtiger die Wahrheit, die älter ist als Meinung und höher steht als alles Meinen. Wir müssen aber das Gesagte deutlicher erklären. [25] 124 Es gibt drei Stufen menschlicher Charaktere, und eine jede von ihnen hat eine der erwähnten Vorstellungen zugeteilt erhalten. Die höchste Stufe hat die mittlere (Vorstellung) von dem wirklich Seienden, die zweite stellt sich die rechts

Empfohlene Zitierweise:
Philon: Ueber Abraham (De Abrahamo) übersetzt von Joseph Cohn. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloAbrGermanCohn.djvu/32&oldid=- (Version vom 11.5.2019)
  1. Philo deutet in seinen Schriften häufig die in der Septuaginta gebrauchte Bezeichnung θεός (= אלהים‎) als die schöpferische und wohltuende und die Bezeichnung κύριος (= יהוה‎) als die regierende und strafende Kraft Gottes. Vgl. Einl. S. 19. Das Wort θεός bringt er nach einer alten Etymologie (Herodot 2,52) mit dem Verbum τίθημι (setzen) zusammen. Wenn übrigens Philo an unserer Stelle den Mittleren den nennt, „der in der heiligen Schrift der Seiende genannt wird“, so denkt er vermutlich an die Stelle 2 Mos. 3,14, wo die Septuaginta übersetzt ἐγώ εἰμι ὁ ὤν (ich bin der Seiende) und ὁ ὢν ἀπέσταλκέν με (der Seiende schickt mich).
  2. Sprichwörtliche Redensart von einem, der einen zweiten Versuch macht, nachdem ihm der erste misslungen.