denn daß Jemand in der Vertheidigung derselben mehr als ihre Gleichgültigkeit hätte behaupten wollen, ist mir nicht bekannt, – so ist doch der Mißbrauch, der damit getrieben wird, so groß, und der Einfluß desselben, der wie eine ansteckende Seuche um sich greift, so nachtheilig, daß sie schon aus diesem Grunde von allen Menschen, vornehmlich aber von Denen, deren Mäßigkeit sie bisher vor Uebertreibung derselben bewahrte, oder welche, obgleich sie sich ihrer schuldig gemacht haben, doch Verstand genug besitzen, die Thorheit solcher Unmäßigkeit einzusehen, gänzlich verworfen werden sollten. Was ist aber eine gleichgültige Sache anders, als eine solche, die man mit gleicher Befugniß thun oder lassen kann? Und wenn ich nun auch einräumen würde, daß dieses hier der Fall sei, so lehret uns dennoch Vernunft und Religion, daß bei jeder Sache, sobald man sie mit solcher Begierde gebraucht, daß es ein Kreuz seyn würde, ihr zu entsagen, die Gränzen bloßer Gleichgültigkeit überschritten werden, und man folglich gestehen muß, daß sie dadurch etwas unentbehrliches geworden ist. Und da nun auf diese Weise die Natur der Sache verletzt wird, so entstehet ein vollkommner Mißbrauch derselben, und man kann sie folglich nicht mehr als gleichgültig ansehen, sondern muß sie als unerlaubt betrachten.
§. 2. Nun wird man mir zugeben, daß Mißbräuche aller der Dinge, die ich so ernstlich angegriffen habe, unter Personen von jedem Alter, Geschlechte und Stande angetroffen werden. Aber Viele wollen ihnen darum nicht entsagen, weil sie dieselben, wie ich vernommen habe, aus dem Grunde für erlaubt halten, daß, – wie sie sagen, – der Mißbrauch, den Andere von einer Sache
Wilhelm Penn: Ohne Kreuz keine Krone. Georg Uslar, Pyrmont 1826, Seite 349. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Penn_Ohne_Kreuz_keine_Krone.djvu/357&oldid=- (Version vom 1.8.2018)