lauten würde, wenn man sagte: Meine Herren! du bist unwillig. – Erasmus, ein großer Gelehrter und ein so tiefer Sprachforscher, daß ich keinen wüßte, auf den man sich, hinsichtlich der Sprachrichtigkeit eines Ausdruckes, mit mehr Befugniß berufen könnte, stellte nicht nur jenen Gebrauch: von einzelnen Personen in der Mehrzahl zu reden, in ein lächerliches Licht, sondern schrieb auch eine eigene Abhandlung über die Ungereimtheit desselben, worin er deutlich zeigt, daß es unmöglich sey, den Unterschied zwischen der Einheit und Mehrheit gehörig in Acht zu nehmen, wenn man ein Wort, das bloß dazu da ist, die Mehrheit zu beizeichnen, auf einzelne Gegenstände anwendet. Auch sagt er noch, daß diese Sprachverwirrung aus der Schmeichelei der Menschen entsprungen sey. – Lipsius versichert von den alten Römern, daß die jetzige Art der Begrüßung bei ihnen nicht üblich war. Und endlich giebt uns Howel in seiner Geschichte Frankreichs eine treffende Erörterung von dem Ursprunge des Gebrauchs: einzelne Personen in der Mehrzahl anzureden, indem er uns versichert, daß vor alten Zeiten die Bauern ihre Könige dutzten, Stolz und Schmeichelei aber zuerst die Untergeordneten bewogen, den einzelnen Personen ihrer Obern Ehrenbezeigungen in der mehrfachen Zahl zu erweisen, und die Obern geneigt machten, diese anzunehmen? Könnten wir nun auch, zur Rechtfertigung unsers Gebrauchs der einfachen und richtigen Sprache, uns nicht auf die unverwerflichen Beispiele Gottes und guter Menschen berufen, so würden wir dennoch, da wir überzeugt sind, daß Stolz und Schmeichelei den jetzt üblichen Mißbrauch derselben einführten, schon aus
Wilhelm Penn: Ohne Kreuz keine Krone. Georg Uslar, Pyrmont 1826, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Penn_Ohne_Kreuz_keine_Krone.djvu/213&oldid=- (Version vom 1.8.2018)