nichts Anders, als in leeren Formen und Zeremonien bestand. Sie bezeigten freilich, wie die Juden, ungemein viel Eifer, die Grabmäler der verstorbenen Heiligen zu schmücken und ihre Bilder künstlich zu schnitzen; auch suchten sie nicht nur unter jedem Vorwande Alles sorgfältig zu sammeln und aufzubewahren, was als eine Reliquie oder als ein Ueberbleibsel von ihren Personen betrachtet werden konnte, sondern gaben auch tausend Dinge für Reliquien aus und empfahlen sie als solche, deren Ursprung bloß erdichtet war, die nicht selten ins Lächerliche fielen, und im Ganzen genommen mit dem Christenthume nicht übereinstimmten; von den wesentlichen und wichtigen Stücken des christlichen Gesetzes aber, von der Liebe, Sanftmuth und Selbstverleugnung waren sie entartet. Sie wurden hochmüthig, stolz, ruhmredig, unnatürlich oder gegen natürliche Zuneigung unempfindlich, vorwitzig und streitsüchtig; so daß sie beständig die Kirche mit zweifelhaften und spitzfindigen Fragen beunruhigten, und der Menge Veranlassung zu Mißhelligkeiten und Zänkereien gaben, woraus dann Parteien entstanden, die endlich zum Blutvergießen schritten; – gerade als wenn sie dadurch, daß sie sich zum Christenthume bekenneten, nur desto schlimmer geworden wären.
O des bejammernswerthen Zustandes der vorgeblichen Christen! die, anstatt daß sie, der Lehre Christi und seiner Apostel gemäß, „ihre Feinde lieben und Diejenigen, die ihnen fluchen, segnen sollten,“ die Menschen lehren, unter dem Vorwande eines christlichen Eifers, einander auf die unmenschlichste Weise zu zerfleischen und umzubringen; die, anstatt daß sie bereit seyn sollten, ihr eigenes Blut für das Zeugniß Jesu vergießen zu
Wilhelm Penn: Ohne Kreuz keine Krone. Georg Uslar, Pyrmont 1826, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Penn_Ohne_Kreuz_keine_Krone.djvu/136&oldid=- (Version vom 1.8.2018)