werde alles tun, wenn die Bürger ihrerseits ihre Obliegenheiten erfüllten. Des Schülers Vater meinte im häuslichen Gespräch, wahrscheinlich stamme der Brief vom Kanzler von Könneritz. Als im Hinterhause des die Köpfe vieler Dresdner verdrehenden, frömmelnden Pastor Stephan Feuer angelegt worden war und ein Schüler das griechische Wort stephanus (= der Kranz) fälschlich mit langem a aussprach, konnte sich der Konrektor eines Witzes über den Stephan, dessen Hinterteil man verbrannt habe, nicht enthalten. Und wenn er darüber klagt, daß seit der Eroberung der Gewürzinseln im fernen Ostasien die Gewürze so billig seien, daß sich jedermann ihrer bediene und sich dadurch nur die Nerven schwäche, so wird dies von Julius gebucht; ebenso die „interessante“ Mitteilung, daß Luthers Leibgericht Hering mit Erbsen gewesen sei. Als einer der Schüler, wahrscheinlich schlecht „präpariert“, greulich übersetzte, gab ihm der Konrektor mit den Worten: „Sie sind ein lächerlicher Grieche“ einen Hieb vor der ganzen Klasse, der wahrscheinlich besser gesessen hat, als ein „Eintrag“ oder dergleichen.
Mitteilungen über die Schulden, die Ludwig I. von Bayern als Kronprinz gemacht, aber als König pünktlich gezahlt habe, oder darüber, daß berühmte Geschichtswerke von Italienern nach Napoleons Sturze neu und in vollkommenerer Gestalt als früher erschienen seien, nachdem sie vorher starke Streichungen erfahren hatten, werden eingetragen. Mit großem Vergnügen hören die sächsischen Schüler die List Blüchers erzählen, der, als die französische Kavallerie, auf sächsischen Pferden reitend, habe einhauen wollen, sächsische Retraite habe blasen lassen. In der lateinischen Interpretationsstunde von Cicero's de officiis spielt er einmal auf die Weinpanscherei eines angesehenen Dresdner Bürgers an und erzählt, einem Freiberger Gelehrten sei jetzt eine Zigarre zugeschickt worden, mit der Frage, ob sie aus Tabak bestehe. Daran knüpft er den Witz, der weidlich belacht wurde, die legio, d. h. die Schülerschar vor ihm, hätte es gewiß beurteilen können.
Einem solchen Lehrer wurde es auch gern verziehen, wenn er einmal, durch Faulheit einiger überreizt, sehr heftig wurde und seine Schüler kräftig schalt. Der Ausklang zeigt auch diese angenehme Stimmung.
Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/73&oldid=- (Version vom 2.3.2024)